Anlaufstelle schließt Speisesaal wegen Corona.

Die Coronakrise trifft arme Menschen in der Stadt ganz besonders hart. Notunterkünfte füllen sich und die Warteschlangen vor den noch geöffneten Suppenküchen und Lebensmittelausgaben werden immer länger.

„Allein die Zahl der Gäste bei den Essensausgaben in der Bahnhofsmission am Bahnhof Zoo hat sich in den vergangenen Wochen um rund ein Drittel erhöht“, sagt Barbara Breuer, Sprecherin der Berliner Stadtmission. „Bis zu 600 Essenspakete halten wir hier bereit.” Für bedürftige Menschen gebe es im Moment kaum Gelegenheiten, zu betteln, Flaschenpfand zu sammeln oder irgendwie an etwas Geld oder Nahrung zu kommen. „Der Hunger unter den Bedürftigen ist seit Corona noch viel größer geworden“, bestätigt eine Helferin.

Kein Zutritt mehr

Der Speisesaal der Bahnhofsmission ist seit dem Lockdown geschlossen. Hier stapeln sich nun Hunderte von Essenspaketen, die morgens, mittags und abends aus dem Fenster des Saals heraus an die Wartenden verteilt werden. In langer Reihe stehen die Bedürftigen mehrere hundert Meter an. Markierungen auf dem Boden sollen für den nötigen Abstand zwischen den Menschen sorgen. Doch die sind hungrig und beginnen zu drängeln. Die Polizei steht mit 20 Beamten jeden Tag um die Mittagszeit in der Jebenstraße bereit, um die Abstände zwischen den Wartenden zu ordnen. Eine Stunde vor der Ausgabe ist der Gehweg vor der Bahnhofsmission bereits voller Menschen. „Die Menschen kommen aus der ganzen Stadt hierher.  Normalerweise schenken wir warme Suppe aus. Jetzt können wir nur Essensbeutel verteilen“, sagt Barbara Breuer. Belegte Brote, Getränkeflaschen, etwas Obst und Müsliriegel seien darin zu finden.

Besonderer Aufwand

„Die Kältehilfesaison haben wir aufgrund der besonderen Umstände bis zum 30. April verlängert. Auch die Notunterkünfte sind deshalb jetzt weiterhin geöffnet“, schildert sie.  An elf Standorten hilft die Berliner Stadtmission: Neben der Bahnhofsmission sind das Kleiderkammern, Notübernachtungen und Tagestreffs für Obdachlose. 200 ehrenamtliche Menschen helfen dabei normalerweise. „Die meisten davon sind Senioren und durch die Situation mit Corona selbst gefährdet. Diese Helfer müssen jetzt zuhause bleiben. Zurzeit stemmen wir allein die Essenszubereitung mit acht ehrenamtlichen Helfern und einigen Hauptamtlichen. Unser Ziel ist es, täglich bis zu 2.000 Essenspäckchen zusammenzustellen und mit den jüngeren Ehrenamtlichen und den festen Angestellten die Essensausgaben zu stemmen“, sagt Barbara Breuer.

Stadtmission bittet um Spenden

Besonders jetzt sei man auf Geld- und Kleiderspenden angewiesen. Im Moment brauche man ganz dringend Männerkleidung: Turnschuhe, Jogginghosen, warme Jacken, Schlafsäcke und auch Unterwäsche. „Wir stellen dafür Container vor unserer Einrichtung in der Lehrter Straße 68 bereit. Hier können die Sachen kontaktlos abgegeben werden“, erklärt die Sprecherin der Stadtmission.

Bestätigte Fälle mit der Corona-Erkrankung habe es bislang in den Einrichtungen noch nicht gegeben. Wenn es soweit sei, könne die Situation eskalieren, räumt auch Barbara Breuer ein. Quarantäne und Rückzug in die eigenen vier Wände sei für Obdachlose schließlich unmöglich.  

Link zur Berliner Stadtmission

Datum: 6. April 2020, Bild und Text: Stefan Bartylla