Die beiden Siegerentwürfe für die Umgestaltung des Areals stoßen auf Kritik.

Wenn dies der Plan war, dann ist er gescheitert: Bei einer Begehung des Wiesenburg-Geländes stellte Stadtentwicklungs-Senator Andreas Geisel (SPD) Anfang vergangener Woche unmissverständlich klar, dass das Modell, Eigentumswohnungen zu errichten, diese dann teuer zu verkaufen, um mit dem Gewinn Ateliers zu subventionieren, keine sozialverträgliche Lösung sei.

Prompte Kritik

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Morbider Charme in der Wiesenburg

Er erwarte von der Degewo, dass sie auf dem Areal bezahlbaren Wohnraum bauen werde. „Sonst haben wir hier ganz schnell Londoner Verhältnisse.“ Obwohl die keiner der Beteiligten – inklusive Degewo – und Betroffenen – inklusive Wiesenburg-Mieter und Verein – hier offiziell will, sind bei einem sogenannten Werkstattverfahren zwei Architektenentwürfe als Sieger hervorgegangen, die genau das begünstigen würden. Bei beiden Entwürfen – ps wedding und Die Zusammenarbeiter – würden die Neubauten sich an und zwischen die sanierungsbedürftige Altbausubstanz drängen und zudem die Wiesenburg vom sie umgebenden Kiez mehr oder weniger abriegeln.

Dies war denn auch der erste Kritikpunkt an der Wahl der Jury. Petra Patz-Drüke von der Sozialraumorientierten Planungskoordination des Bezirksamtes verlangte, dass „die Entwicklung als soziokultureller Begegnungsort geschärft werden müsse“. Es sei wichtig, dass sich die Wiesenburg nach außen öffne und für den Stadtteil ein Ankerpunkt sei. „Attraktive Öffnungen und Wegebeziehungen sowie eine Mischung der Wohnformen sollten noch mehr Berücksichtigung finden.“ Ganz offensichtlich aber ist, dass viele Beteiligte am Werkstattverfahren der Degewo nicht wirklich über den Weg trauen. Zwar seien schon gute Übereinkünfte getroffen worden – so unter anderem der Atelier-Mietvertrag mit dem Holzkünstler Peter Rintsch, insgesamt aber sei nicht klar genug, was die Degewo am Ende wirklich mit dem Areal zu tun gedenke. Robert Bittner, Chef des Wiesenburg e.V., schlug deshalb vor, den Altbaubestand an eine Verwaltung zu übergeben, deren Fokus auf die kulturelle und soziale Entwicklung des Ortes gerichtet sei.

Schwieriges Umwelt

Großes Interesse an der Weiterentwicklung der Wiesenburg als soziokulturelles Zentrum, das weit über die Grenzen des Gesundbrunnens hinaus wirkt, bekundet auch der Bezirk. Er weiß um das Potential dieser Einrichtung gerade auch in diesem schwierigen Umfeld. Zwar konnte der Bezirk Mitte seine Schulden komplett tilgen, doch deshalb verfügt er längst nicht über die Möglichkeiten, das Projekt Wiesenburg zu subventionieren. Der Bezirksbürgermeister bleibt denn auch vorsichtig. Wir werden gucken müssen, so Dr. Christian Hanke (SPD), dass sich das ganze Projekt, auch dessen kultureller und wirtschaftlicher Teil, sich wirtschaftlich trägt. Er fordert vom Verein und den Unterstützern der Wiesenburg die Erarbeitung eines Wirtschaftskonzeptes, mit dessen Hilfe gegebenenfalls auch ein Kredit finanziert werden kann.

Ulf Teichert / Bild: imago/Jürgen Ritter / degewo