Reinickendorfs Fraktionen streiten um praktikable Lösungen.
Rückenwind für die Pedalritter: Das Volksbegehren der Berliner Fahrrad-Initiative ist auch ein typisch grünes Vorhaben – und natürlich steht Reinickendorfs „Bündnis 90/Grünen“-Fraktion voll dahinter. Für sie ist ein bezirkliches Fahrrad-Routen-Netz ein Schlüsselprojekt zur Wahl 2016. „Mehr Radfahrer, das ist zentraler Teil unseres Mobilitätskonzepts. Zwar gibt es einige schöne Freizeitrouten, doch für die Alltagsradler ist Reinickendorf eine Katastrophe“, sagt Jens Augner, verkehrspolitischer Fraktions-Sprecher.
Wille vermisst
So seien die gesamte B 96 von der Stadtgrenze bis nach Wittenau und über Ollenhauer Straße bis zum Kurt-Schumacher-Platz, aber auch Waidmannsluster und Hermsdorfer Damm, Scharnweber und Berliner Straße in Tegel problematisch. „Wir wollen sichere Radverkehrsanlagen und mehr Schutzstreifen auf den Hauptstraßen sowie ein gut ausgebautes und ausgeschildertes Netz, das die Bezirkszentren miteinander verbindet“, fordert er. Leider fehle für die Umsetzung vor allem der politische Wille, klagt Augner. Die SPD wolle beispielsweise nach wie vor keine Fahrradschutzstreifen auf der Berliner Straße, und die CDU sei nur dann fahrradfreundlich, wenn es die Autofahrer nicht beeinträchtige. „Falsch“, widerspricht Frank Marten, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Natürlich wollen wir praktikable Lösungen für den Radverkehr, aber ihn vor allem vom großen Autoverkehr trennen.“ Deshalb setze die CDU nicht vorrangig auf radlergerechte Hauptstraßen, sondern in erster Linie auf den Ausbau von Nebenstraßen für einen sicheren Radverkehr. Es sei der falsche Weg, die Bezirkszentren derart zu verbinden. Viel wichtiger seien Verbesserungen im Nahbereich, auf dem Weg zur Schule, zu S- und U-Bahn, zum Einkaufen im Kiez. „Wir brauchen parallele Routen in den Nebenstraßen, das entzerrt den Verkehr und ist für alle Radler die sicherste Lösung“, sagt Marten. So bleibt das Thema auch kontroverser Stoff im Wahlkampf. Inzwischen hat die Berliner Fahrrad-Initiative mit weit mehr als 100.000 Unterschriften die erste wichtige Hürde für ein Volksbegehren genommen. Sie will den Senat zwingen, das Radgesetz zu überprüfen. Kern ihrer Forderungen ist der Bau von 350 Kilometern Radstraßen bis 2025. „Unrealistisch“, befindet der Senat, will aber eine Machbarkeitsstudie veranlassen. Allerdings hofft er, das Rad-Bündnis lässt sich auf ein vernünftiges Maßnahmenpaket ein.
Jürgen Zweigert, Bild: Getty Images/iStockphoto/PinkBadger