Bewohner in der Rathenower Straße hoffen auf bezirkliche Unterstützung.
Erst rund zwei Monate ist es her, dass das Bezirksamt verkündete, erstmals vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen zu wollen. Konkret ging es um das Wohnhaus in der Rathenower Straße 50. Die 15 Wohnungen sollten laut Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) an die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) gehen, dadurch übermäßige Mieterhöhungen und Verdrängung langfristig vermieden werden. Nun aber hat der private Käufer überraschend Widerspruch eingelegt. Zuvor hatte er nicht von der Option Gebrauch gemacht, eine sogenannte Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen.
Milieuschutz sichern
Mit dieser hätte er sich verpflichtet, die Ziele des Milieuschutzes einzuhalten und Mieterhöhungen mit dem Bezirk abzustimmen sowie auf teure Luxussanierungen zu verzichten. Der Bezirk nutzte die Chance, um das Moabiter Wohnhaus selber zu erwerben. Für die Mieter bedeutet der Widerspruch vor allem eines: Unsicherheit. Denn der Bezirk hat nun zwei Optionen. Entweder er verzichtet auf das Vorkaufsrecht oder hält daran fest. Letzteres scheint derzeit am wahrscheinlichsten, könnte aber einen langen Rechtsstreit und eine Klage nach sich ziehen. Viele Politiker unterstützen nun die Mieter, die unter anderem am vergangenen Wochenende während einer Demonstration gegen Verdrängung und Mieterhöhungen auf die Straße gingen. Die Linksfraktion hat diese Woche zudem einen entsprechenden Antrag in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingebracht, in dem unter anderem Fragen zum ursprünglichen Käufer und dem Kaufpreis der Immobilie gestellt wurden.
Vorkauf ausüben
Die Mieter erhielten unterdessen kurz nach Bekanntgabe des Einspruchs ein Schreiben von Gothe, in welchem er ihnen zusichert, den Widerspruch des Käufers schnellstmöglich zu bearbeiten. Mit dem Vorkaufsrecht sollen Mieter vor Verdrängung geschützt werden. Wenn in einem Milieuschutzgebiet ein Haus zum Verkauf steht, hat der Bezirk zwei Monate Zeit, um in den Kaufvertrag einzusteigen. Unterzeichnet der ursprüngliche Käufer die angebotene Abwendungsvereinbarung nicht, kann der Bezirk das Haus erwerben – auch für Dritte, wie Wohnungsbaugesellschaften. Anschließende Widersprüche oder gar Klagen gegen das Vorkaufsrecht sind nicht selten. Insgesamt sieben Verfahren wurden in ganz Berlin bisher eingeleitet. Bislang gab es aber keine Entscheidungen.
Text und Bild: Katja Reichgardt