Streit um das leer stehende Haus Berlichingenstraße 12 geht in nächste Runde.

Früher war das Haus in der Berlichingenstraße 12 eine Unterkunft für obdachlose Männer, in den letzten Tagen machte es vor allem wegen seiner Besetzungs Schlagzeilen. Nachdem die Polizei das Gebäude geräumt hat, geht der jahrelange Streit um das Gebäude zwischen Bezirk und Eigentümer nun in die nächste Runde. „Aktuell verklagt der Eigentümer das Bezirksamt auf Schadenersatz“, teilte Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) per Twitter mit. 23.000 Euro fordert der Eigentümer wegen entgangener Mieteinnahmen. „Wie passt das zum jetzigen langen Leerstand?“, fragt von Dassel angesichts der Tatsache, dass in dem Haus seit gut einem Jahr niemand mehr wohnt.

Zuvor hatten Bezirksamt und Initiativen für ein Bleiben der 33 wohnungslosen Männer gekämpft, die hier teilweise über mehrere Jahre gelebt hatten. Das macht der Besitzer dem Bezirksamt nun zum Vorwurf, durch den verzögerten Auszug seien ihm wichtige Miet-Einnahmen entgangen. Dabei wurde den Bewohnern des ehemaligen „Gästehauses Moabit“ schon Monate vor ihrem Rausschmiss Strom und Warmwasser abgestellt, im Winter funktionierte die Heizung monatelang nicht.

Neues Wohnkonzept

Der Hauseigentümer wollte in der Obdachlosenunterkunft eigentlich Flüchtlinge unterbringen, um die höheren Tagessätze für Geflüchtete zu erhalten. Doch aus dem Vorhaben wurde nichts. Nach dem Auszug der Obdachlosen kündigte der Eigentümer umfangreiche Modernisierungen an. Passiert ist aber bis heute, mehr als 13 Monate später, immer noch nichts. Letzte Woche wurde das Haus in Moabit dann von Aktivisten besetzt, die sich für ein neues Wohnkonzept aussprachen. Das Mehrfamilienhaus sollte neben einem Kiezcafé wieder Wohnungslosen, Studenten und Geringverdienern beherbergen. Die Besetzung wurde nach wenigen Stunden durch die vom Eigentümer alarmierte Polizei friedlich aufgelöst.

Leerstand vermeiden

„Der Eigentümer weigert sich konsequent das Haus in irgendeiner Art sinnvoll zu nutzen. Der Bezirk hat keine rechtliche Handhabe, da das Haus offiziell als Gewerbe ausgewiesen ist und das Zweckentfremdungsverbot hier nicht greift“, erklärt Lisa Winter vom Bündnis „Besetzen“ den Fall. Mit den Besetzungen wollen sie auf den Leerstand im Bezirk und ganz Berlin aufmerksam machen. Zuspruch erhalten sie unter anderem von Bezirksstadtrat Ephraim Gothe (SPD), der durchaus Potential in einem gemeinschaftlich genutzten Haus sieht. Voraussetzung sei aber, dass der Eigentümer einverstanden sei. Die Grünen im Bezirk fordern schon seit Langem, auch den Leerstand von Gewerbeimmobilien genehmigungspflichtig zu machen, um Fälle wie den von Berlichingen 12 in Zukunft zu vermeiden.

Datum: 12. Oktober 2018, Text: Katja Reichgardt, Bild: imago/Seeliger