Verkehr: Nach sieben Jahren erhält der Bezirk seine erste Fahrradstraße, mit weiteren ist in nächster Zeit nicht zu rechnen.

Im Januar 2009 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV), die Lauenburger Straße und Sedanstraße in eine Fahrradstraße umzuwandeln – nun, sieben Jahre später hat das Bezirksamt das Vorhaben tatsächlich angeordnet. Während die damaligen Antragsteller aus der Grünen-Fraktion ebenso froh wie empört sind, verweist der zuständige Stadtrat auf die rechtliche Komplexität und dämpft Hoffnungen auf die kurzfristige Entstehung weiterer Fahrradstraßen. „Gemischte Gefühle“ trifft wohl am ehesten das, was Uwe Köhne momentan empfindet. Zwar freue er sich, dass der Bezirk in Kürze seine erste Fahrradstraße erhält, die im Frühjahr mit einer Eröffnungsfahrt eingeweiht werden soll. Zugleich sei er aber „negativ beeindruckt und unzufrieden, dass die Verwaltungen sieben Jahre für die Bearbeitung benötigten“, erklärt der Vorsitzende der Grünen-Fraktion und des Verkehrsausschusses im Bezirksparlament.

Komplexe Rechtslage

Bereits im Herbst 2008 hatte seine Fraktion einen entsprechenden Antrag gestellt, der einige Monate später angenommen wurde: Auf der mehr als zwei Kilometer langen Strecke in der Lauenburger und Sedanstraße sollten Fahrradfahrer demnach Vorrang haben. Eine Fahrradstraße ist zwar auch für den Kfz-Verkehr geöffnet; er muss aber besondere Rücksicht nehmen. Anlässlich der langen Zeitspanne, die seither vergangen ist, befürchtet Köhne im Hinblick auf weitere beschlossene Fahrradstraßen-Anträge das Schlimmste. „Den Beschluss, die Markelstraße zur Fahrradstraße zu machen, traf die BVV am 19. Januar 2011. Nach den bisherigen trägen Bearbeitungszeiten wäre also im Jahr 2018 mit einer Anordnung zu rechnen. Im Fall der Hochbaumstraße wurde der BVV-Beschluss im Oktober 2013 getroffen — rechnen Sie selber“, sagt der Politiker sarkastisch.

Erfahrungen sammeln

Tatsächlich dürften entsprechende Maßnahmen kaum allzu schnell umgesetzt werden. „Ob in der Markelstraße oder der Hochbaumstraße oder in anderen Straßen des Bezirks Fahrradstraßen eingerichtet werden können, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest“, sagt der zuständige Stadtrat Michael Karnetzki (SPD). Es sei „Konsens im Bezirk“, dass zunächst Erfahrungen mit der neuen Fahrradstraßenregelung in der Lauenburger Straße und Sedanstraße gesammelt werden sollten. Dass deren Umwidmung so lange dauerte, erklärt Karnetzki mit der komplexen verkehrsrechtlichen Lage. Diese erfordere prinzipiell eine umfangreiche Vorbereitung. „Fahrradstraßen kommen nach Maßgabe der Straßenverkehrsordnung nur dann in Betracht, wenn der Radverkehr in diesen Straßen bereits die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist“, berichtet Karnetzki. Im Interesse der Rechtssicherheit sei deshalb in jedem Einzelfall eine kostenintensive Verkehrserhebung durch den Bezirk in den einzelnen Straßen durchzuführen.

Verkehr gezählt

Im Falle der Lauenburger Straße und der Sedanstraße habe man sich zunächst mit mehreren Akteuren, wie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Verkehrslenkung Berlin abgestimmt, ehe eine vom Senat finanzierte Zählung vorgenommen wurde. „Nachdem die Zähldaten im Jahr 2015 dann vorlagen, wurde die straßenverkehrsbehördliche Anordnung für die Umsetzung der Fahrradstraße durch die untere Straßenverkehrsbehörde erarbeitet und zeitnah erteilt“, so Karnetzki, der der Situation aber auch etwas Positives abgewinnen kann: Der Vorgang zeige, „dass das Bezirksamt Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung nicht aus dem Auge verliert, auch wenn bis zu ihrer möglichen Umsetzung auch einmal mehrere Jahre vergehen können.“

Philip Aubreville