Verwaltung, Parkmanager, Ehrenamtliche und Wissenschaftler diskutieren über neue Wege.

Für die einen mag der Görlitzer Park in Kreuzberg ein Ort sein, den man besser meidet, an dem mit Drogen gehandelt wird und der manchem Angst macht. Für viele andere ist er ein ganz normaler Teil des Lebens und ihrer Freizeitgestaltung, welcher viele Facetten des Lebens abbildet. Eine Podiumsdiskussion Im fhxb-Museum in Kreuzberg wurde zu einem Plädoyer für die Versachlichung der Diskussion, die Benennung realer Probleme und das weitere Beschreiten ungewöhnlicher Wege für ein Miteinander im Park.

Anlass war das Ende der Ausstellung „Andere Heimaten“, die deutschlandweit zunächst Schlagzeilen machte, weil sie angeblich Drogendealer heroisieren würde – was sich letztlich als falsch erwies. Am Ende blieb von dem angeblichen Skandal bestenfalls ungeschicktes Marketing von Künstler und Museum als Kritikpunkt übrig.

„Soft policing“

Das rigorose Unterbinden von Drogenhandel gehört ganz klar nicht zu den Zielen derjenigen, den Ort betreuen und kennen. Die Null-Toleranz-Strategie habe jedenfalls nicht funktioniert, so Kulturstadträtin Clara Herrmann, denn sie habe nur dazu geführt, dass sich die Szene zu anderen Orten verlagert habe, zum Beispiel zu den U8-Bahnhöfen. Ohnehin ist starke Polizeipräsenz im Park auch teuer, wie Stefan Höhne vom Center vor Metropolitan Studies der TU Berlin später erklärte. Pro Jahr würden im Park 54.000 Polizeistunden anfallen und somit knapp vier Millionen Euro an Kosten verursachen. So genannte „soft policing“-Strategien würden daher zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Testlabor

Und genau in diesem Bereich ist der Görlitzer Park inzwischen zu einem regelrechten Testlabor für Deutschland und andere Länder geworden. In der Forschung und in anderen Städten ist das Interesse groß an der Kreuzberger Strategie mit Handlungskonzept, Mediation durch einen Parkmanager und Parkläufer sowie Einrichtung eines Parkrats, so Stefan Höhne. Sie alle wollen wissen, wie sich ein Raum wie der Görlitzer Park besser in den Griff bekommen lassen könnte, ohne – mit mäßigen Erfolgsaussichten – mit aller Staatmacht durchgreifen zu müssen. Gerade auch der Einsatz im ehrenamtlichen Bereich weckt Interesse.

Ganz andere Baustellen

Der Mitte vergangenen Jahres gegründete und von Ehrenamtlern besetzte Gründungsrat für einen Parkrat, zum Beispiel, hat seine Arbeit inzwischen aufgenommen. Jedoch ist die Abstimmung zwischen Anwohnern und Nutzern mitunter kompliziert. Gezeigt hat sich das zum Beispiel beim Versuch, eine Hundewiese einzurichten. „Inzwischen haben wir eine Lösung gefunden“, so Katja Frenz vom Gründungsrat. „Es wird eine große Fläche zur Skalitzer Straße hin geben, um die sich eine Initiative eigenständig kümmern wird.“ Der Aufwand bis zu diesem Punkt war jedoch groß. Darüber hinaus gebe es noch viele andere Orte im Park, um die man sich aus Sicht des Rats einmal kümmern müsse – völlig abseits von der Drogen-Diskussion.

Kein Angebot ohne Nachfrage

Die Ursachen für das Hauptproblem sahen die Beteiligten der Diskussion auch nicht nur bei denjenigen, die im Park mit Drogen handeln. Das würde schließlich nicht passieren, würde es nicht auch eine Nachfrage geben – und die, so zeigte sich zum Beispiel Clara Herrmann überzeugt, komme ganz sicher nicht nur von Touristen, sondern sehr wohl auch von den Anwohnern umliegender Kieze.

Dass es Menschen gebe, welche diese Situation für sich nutzen, um mit irgendetwas Geld zu verdienen, habe nicht zuletzt mit der Bundespolitik zu tun, ist Parkmanager Cengiz Demirci sicher. Die Dealer würden aus einer Zwangslage heraus dieser Tätigkeit nachgehen, denn „in legalen Strukturen können die einfach nichts machen“, so Demirci. Die Gesellschaft müsse ihnen etwas anderes anbieten können. Im Görlitzer Park gehe es am Ende gar nicht um den Park, sondern um die Folgen des Umgangs in Deutschland mit Zuwanderung und Rassismus sowie Drogenpolitik.

Text/Bild: Oliver Schlappat