Wie die Friedensaktivistin Irmela Mensah-Schramm ins Visier der Berliner Staatsanwaltschaft geriet.
Der Fall hat politische Brisanz und passt derzeit zur aufgeladenen Stimmung in der gesamten Republik. Nachdem die Aktivistin Irmela Mensah-Schramm in einem Zehlendorfer Tunnel aus „Merkel muß weg“ ein „Merke! Hass weg!“ gemacht hatte, gab es vom Amtsgericht Tiergarten für sie eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Dabei wollte das Amtsgericht Tiergarten laut Berichten den Fall zunächst einstellen, nicht so die Staatsanwältin. Wird Mensah-Schramm innerhalb der Bewährung erneut erwischt, droht eine Geldstrafe von 1.800 Euro.
Urteil enttäuscht beide Seiten
Ein Urteil, mit dem beide Seiten schwer leben können: Mensah-Schramm kündigte direkt nach dem Urteil bereits an, in Berufung gehen zu wollen und die Aktionen fortzuführen. Mit der Berufung kam ihr die Staatsanwältin allerdings zuvor, der das Urteil zu milde war. „Sie bemängelte, dass ich „keine Reue“ zeigte, „uneinsichtig“ sei und mit der Tat „keine Vorbildfunktion“ zeige“, sagt Mensah-Schramm gegenüber dem Abendblatt. Mit dem Schritt der Staatsanwaltschaft hat sie demnach gerechnet, schließlich sei der leitende Berliner Oberstaatsanwalt, Roman Reusch, als AfD-Mitglied im Brandenburgischen Landtag. Reusch hatte sein Amt beim Berliner Landgericht erst im März dieses Jahres angetreten. Dass sich der Fall ausgerechnet am Spruch „Merkel muss weg!“ entzündete, zeigt eine gewisse Komplexität: wo hören in Deutschland freie Meinungsäußerungen auf und fangen Nazi-Parolen an. Für Mensah-Schramm ist die Grenze bei „Merkel muss weg“ lange überschritten. Hinter der Pegida-Parole verberge sich schließlich eine rassistische Einstellung – vor allem gegen die Flüchtlinge, sagt die Friedensaktivistin. „Meinungsfreiheit endet, wenn Hass und Menschenverachtung beginnen.“
Anzeigen verliefen bisher im Sande
Seit 30 Jahren übermalt oder entfernt die 70-Jährige bereits rechte Hass-Parolen. Bisher gab es dafür zwar wiederholt Strafanzeigen, die verliefen jedoch allesamt im Sande, sagt die Zehlendorferin. Gerade in der jetzigen Zeit sieht sie großen Bedarf für Ihre Arbeit. „In Zehlendorf tauchen in letzter Zeit üble Graffitis gegen Muslime auf, ebenso selbstgemachte Aufkleber: Ein Junge pinkelt auf das Glaubensbekenntnis des Koran und oben drüber steht „Fuck Islam“!“, erzählt Mensah-Schramm. Im März 2015 erhielt sie für ihren Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus den Göttinger Friedenspreis.
Daniel Seeger, Bilder: Irmela mensah-Schramm; Irmela Mensah-Schramm; Lothar Koch