Austausch: Jugendliche aus dem Bezirk reisen in die polnische Partnerstadt Tychy.

Dass deutsch-polnische Begegnungen weit mehr Potential haben, als das lustlose EM-Gekicke zwischen Polen und Deutschland letzter Woche vermuten lässt, beweisen derzeit wieder Jugendliche aus Marzahn-Hellersdorf, die an einem Jugendaustausch mit der polnischen Partnerstadt Tychy teilnehmen. Seit fast 15 Jahren schicken der Städtepartnerschaftsverein Marzahn-Hellersdorf (MHSPV) und der Jugendhilfeträger „urban social“ junge Menschen in Partnerstädte des Bezirks – und holen Jugendliche von dort nach Berlin. Erst kürzlich waren zwei Gruppen aus Tychy und dem Bezirk Oktober in der weißrussischen Hauptstadt Minsk hier zu Gast.

Verschiedene Touren

Insgesamt acht Jugendliche haben die Reise gen Osten angetreten; darunter auch Kinder aus einer Marzahner Willkommensklasse. Mit einem vielseitigen Programm können die Gäste aus Berlin dabei einiges über Tychy lernen: Eine spielerische Erkundungstour durch die Stadt steht ebenso auf dem Plan wie etwa der Besuch des Paparazani-See, einem Ort ökologischer Vielfalt. Zugleich wird das düsterste Kapitel deutscher Geschichte thematisiert, wenn die Jugendgruppe ins 60 Kilometer entfernte Auschwitz reist.

„Führungen, die zum Teil von Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers durchgeführt werden, gehen unter die Haut. Die Jugendlichen werden einen Kranz niederlegen zum Gedenken an ermordete Opfer der Nazi-Diktatur und als Mahnung an uns, das dies nie wieder geschehen darf!“, sagt MHSPV-Geschäftsführerin Susanne Zach. Damit diese Mahnung mehr als eine Worthülse bleibt, geht es bei der Reise aber nicht nur um das Erkunden polnischer Sehenswürdigkeiten, sondern auch um das gegenseitige Kennenlernen. „Einstellungen wie Respekt und Toleranz lassen sich nicht einfach im Lehrbuch erlernen, jeder muss sie persönlich erfahren und weitergeben. Deshalb legt der Städtepartnerschaftsverein so großen Wert auf direkte Treffen und Kontakte von Bürger zu Bürger“, meint Zach. Gespräche mit Persönlichkeiten aus Politik, Bildung, Kultur sind deshalb ebenso angedacht wie Tanz- und Musikprojekte sowie sportliche Leistungsvergleiche mit den Jugendlichen aus Tychy.

Enferntere Ziele

Der Städtepartnerschaftsverein hofft, dass sich die Austausch in Zukunft ausweiten lassen. Einige auch entferntere Austauschbesuche waren in den vergangenen Jahren realisiert worden: Im Minsker Bezirk Oktober waren zuletzt vor fünf Jahren Berliner Jugendliche zu Gast. „Der springende Punkt bei derartigen Begegnungen ist die Finanzierung dieser Treffen“, erklärt Susanne Zach und kündigt zugleich an, dass sich ihr Verein noch stärker für die „bürgerschaftlichen Kontakte in allen Altersklassen“ einsetzen wolle.
Philip Aubreville