Beruf: Eine Mitarbeiterin des Bürgeramts im Rathaus Schöneberg erzählt von ihrem Arbeitsalltag.

Die Berliner schimpfen oft über ihre Bürgerämter, doch als Arbeitsplatz sind sie bei ihnen offensichtlich begehrt. Mehr als 800 Menschen haben sich laut Medienberichten im Februar dort als Sachbearbeiter beworben. Das Land Berlin sucht per Sammelverfahren zum 1. Mai 50 neue Kollegen für die überlasteten Bürgerämter. Sie sind für viele notwendige Formalitäten im Alltag zuständig, etwa für die Anmeldung einer Wohnung, die Ausstellung eines Parkausweises, die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Beglaubigung von Kopien.

Stressresistent sein

Ines Schroeder, stellvertretende Gruppenleiterin des Bürgeramtes im Rathaus Schöneberg, erklärt, auf welche Fähigkeiten es bei diesem Job mit direktem Kundenkontakt besonders ankommt. „Wir kriegen jeden kleinen Ärger ab. Sachbearbeiter sollten deswegen stressresistent sein, immer den Humor bewahren, sich abgrenzen können und Konflikte nicht mit nach Hause nehmen“, erklärt die 37-Jährige. Manche Bürger haben vielleicht einen schlechten Tag. Viele stünden zumindest unter Zeitdruck und reagierten gereizt auf Wartezeiten. „Ein Kunde hat sogar auf den Tresen eingeprügelt. Aber wenn es ihm hilft, sich zu beruhigen, soll er es ruhig machen“, erzählt Ines Schroeder. Der Normalfall seien solche Eskalationen allerdings nicht: „Wenn wir Sachbearbeiter freundlich sind, sind auch die meisten Berliner ganz lieb.“ Die Gruppenleiterin hat viele dankbare und positive Rückmeldungen erlebt, etwa wenn ein Bürger vor einer plötzlichen Reise noch kurzfristig den nötigen Pass erhielt. Durch die Einführung der Vergabe von festen, über das Internet buchbaren Terminen habe sich der Service in den Bürgerämtern grundsätzlich verbessert, berichtet Ines Schroeder. Davon profitierten beide Seiten: Die Terminkunden müssten nun nicht mehr am Empfangstresen anstehen und Wartenummern ziehen. Die Sachbearbeiter wiederum können die Zahl der täglichen Anfragen vorab einplanen. Früher habe plötzlicher Andrang mitunter zu langen Überstunden nach offiziellem Dienstschluss geführt. Auch dank der Einrichtung von Scannern und EC-Karten-Lesern direkt an den Schreibtischen der Sachbearbeiter liefen viele Verwaltungsvorgänge nun schneller.

Dennoch zeigten sich Berlins Bürgerämter in den vergangenen Monaten immer wieder überfordert. Die Einführung einer neuen Software legte die Behörden für ganze Tage lahm. Gerissene Geschäftemacher kaperten die Online-Terminvergabe. Krankheitsfälle, Personalmangel und Streiks führten zu Bearbeitungsstaus. Zusätzlich belastet die Ankunft von Tausenden Flüchtlingen die Meldestellen. Im August wollen Finanz- und Innenverwaltung überprüfen, ob die 50 neuen Mitarbeiter zur Bewältigung der Arbeit ausreichen.

Titelfoto: Frau Schönwälder arbeitet im Großraumbüro im Bürgeramt Schöneberg  

Text & Bild: Felix Enzian