Künstler Daniel Seiple baut mit Flüchtlingen ein modernes Motorboot.
Sie wollen im wahrsten Sinne des Wortes etwas bewegen – und Wellen schlagen. Seit einigen Wochen wird in der Werkstatt in der Osloer Straße 102 gesägt, geschraubt und geschliffen. Am Ende soll aus den Holzplanken und Kunststoffteilen, die hier lagern, ein modernes, fast luxuriöses Motorboot werden.
Projekt mit Wirkung
„Making Waves“ wie das Handwerker-Projekt des Künstlers Daniel Seiple heißt, ist wohl einmalig in Deutschland. Der Künstler lädt Flüchtlinge und alle Interessierten zu seinem Workshop ein, gemeinsam wollen sie in den kommenden Wochen und Monaten ein Motorboot bauen, mit dem sie im Anschluss Menschen über die Berliner Seen befördern.
Ein Motorboot als Forschungsfahrzeug
Geleitet wird der Workshop vom Initiator Seiple, aber auch von einigen Flüchtlingen, die mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Eigenschaften das Projekt bereichern. Zehn Flüchtlinge und Freiwillige sind aktuell an dem Bootsbau beteiligt. Das Boot steht dabei symbolisch für die Herausforderungen, die Flucht und Migration mit sich bringen. Nach Fertigstellung soll es als Kultur- und Begegnungsort dienen, als Forschungsfahrzeug, auf dem Fragen und Probleme der Migration und der kulturellen Differenzen diskutiert werden können.
Für die Teilnehmer ist der Bau aber auch ein Weg sich auszutauschen und ihre Flucht-Traumata zu überwinden. “Wir bauen das Boot selber – in einer besseren Qualität, mit einem funktionierenden, guten Motor und Eigenschaften, die es sicherer machen als die Boote, mit denen einige von uns über das Meer nach Europa gekommen sind. Ich mache die Erfahrung dadurch noch einmal, nur dieses Mal werde ich keine Angst haben. Es gibt sehr viele Besonderheiten auf diesem Motorboot, die die Fahrt mit ihm sicher machen“, so Nawras Alwali, einer der Flüchtlinge und Workshop-Teilnehmer.
Ambivalente Bedeutung
Daniel Seiple, amerikanischer Künstler und Initiator des Projektes will vor allem auf die ambivalente Bedeutung des Bootes als Fluchtmittel einerseits und und als Mittel bürgerlicher Freizeitgestaltung andererseits hinweisen. „Wir sehen das Boot als experimentelles Fahrzeug für kulturelle Veranstaltungen und Engagement. Deshalb wollen wir es auch für die Öffentlichkeit erlebbar machen, indem wir Touren anbieten, das Boot vermieten oder für andere Veranstaltungen zugänglich machen.“
Begleitend zum Workshop findet eine interaktive Ausstellung im Museum Lichtenberg statt; dem „Hauptquartier“ des Projektes wie der Künstler Daniel Seiple es nennt. Noch bis zum 20. Januar haben Besucher Gelegenheit die Entstehung des modernen Motorbootes hautnah, durch Videomitschnitte, Gespräche mit den Teilnehmern und anhand von Modellbooten zu begleiten. Auch Veranstaltungen wie Bootbau-Workshops für Kinder sind in Planung.
Crowdfunding-Kampagne
Aktuell sucht das Team um Daniel Seiple zudem nach finanzieller Unterstützung. Mit Hilfe einer Crowd-Funding-Kampagne auf der Plattform Kickstarter wollen sie rund 20.000 Euro für die restlichen, nötigen Werkzeuge und Materialien zusammensammeln. Unterstützer der Kampagne werden mit sogenannten Rewards wie einer Einladung zur Boot Launch Party oder einer Namensgravur am Boot entlohnt.
Wer Lust hat, sich aktiv am Motorbootbau zu beteiligen, hat dazu jeden Samstag Gelegenheit. Grundlagen im Handwerk sind erwünscht, spezielle Kenntnisse im Bereich Mechanik, Elektrik und Tischlerhandwerk gern gesehen. Hier geht es zur Kampagne: http://kck.st/2jcB1Nc
Text: Katja Reichgardt, Bilder: Making Waves