Ab 23. November sind überhöhte Mieten in Berlin gesetzlich verboten. Passend dazu veröffentlicht die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Studie zum Immobilienbesitz in Berlin.
Die Angst ist da. „Wir befürchten, dass unsere Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden – und wir dadurch verdrängt werden“, sagt ein Mieter aus der Finowstraße in Neukölln. Der Mann lebt in einem von rund 130 Häusern mit 3.902 Wohnungen, die das schwedische Unternehmen Heimstaden Bostad für 830 Millionen Euro erwerben will. Die Verträge sind zwar schon unterzeichnet, doch weil etwas mehr als die Hälfte aller Häuser in einem Milieuschutzgebiet liegen, haben die Bezirke für diese Unterkünfte ein Vorkaufsrecht.
Grobe Vereinfachung
In Berlin gibt es rund zwei Millionen Wohnungen. Doch wem sie gehören, ist vielfach nicht bekannt. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die der Partei Die Linke nahesteht, hat den Immobilienmarkt in der Hauptstadt in den vergangenen zwei Jahren näher beleuchtet. Herausgekommen ist eine Studie unter dem Titel „Wem gehört die Stadt?“, die die Eigentümergruppen und deren Geschäftspraktiken analysiert.
„Fast halb Berlin gehört einigen Tausend Multimillionären“, bilanzierte der Verfasser der Studie, Christoph Trautvetter, das Ergebnis in einem Satz. Diese Formulierung sei in der groben Vereinfachung bewusst gewählt, weil man in Anbetracht der Debatte manchmal das Gefühl habe, es gehe bei den Vermietern in der Stadt „hauptsächlich um arme, kleine Privatvermieter, denen man keine Art der Regulierung zumuten“ könne.
Reiche Anleger
Privatbesitzer mit großem Immobilienvermögen halten in Berlin laut der Studie rund 470.000 Wohnungen. Börsennotierte Unternehmen, darunter die Deutsche Wohnen und die Vonovia, sowie Investmentfonds verfügen über weitere rund 330.000 Wohnungen. Es gebe bei den Anteilseignern nicht nur Multimillionäre, sagte Trautvetter. So habe die Deutsche Wohnen auch den einen oder anderen Kleinanleger, der Großteil der Anteile liege aber bei „wenigen, sehr, sehr reichen“ Anlegern.
Darüber hinaus gebe es 320.000 Wohnungen im Besitz von Eigentümern mit bis zu fünf Wohnungen. Rund 305.000 Wohneinheiten werden als Eigentum selbst genutzt. Etwa 220.000 Wohnungen befinden sich im Besitz von Genossenschaften und gemeinnützigen Akteuren. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften halten rund 325.000 Wohnungen.
Ohne Risiko
Trotz der zweijährigen Recherche seien viele der großen privaten Eigentümer noch nicht bekannt, erklärte Trautvetter. Dazu sei der Immobilienmarkt zu intransparent. „Was wir aber mit großer Sicherheit sagen können, ist, dass es diesen Vermietern tatsächlich sehr, sehr gut geht – auch nach dem Mietendeckel, und dass sie ihr Vermögen nicht verdient haben“, so Trautvetter. Dies meine er nicht im Sinne einer Neiddebatte, sondern als „marktwirtschaftliche Analyse“.
Investoren, die 2006/2007 nach Berlin gekommen seien, hätten für ihre Wohnungen Preise „unter dem Gebäudewert“ bezahlt und praktisch ohne Risiko seitdem jedes Jahr eine Rendite von rund 20 Prozent erwirtschaftet. Das sei vor allem auf die Bodenwertsteigerungen zurückzuführen.
Weitere Gewinner
Der Boom auf dem Immobilienmarkt betreffe auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und die Genossenschaften, ergänzte Trautvetter. Auch die hätten in den vergangenen 20 Jahren regelmäßig die Mieten erhöht. Doch die Wohnungsbaugesellschaften nutzten das Geld, um neu zu bauen, in Immobilien zu investieren und das Vorkaufsrecht auszuüben.
Die Genossenschaften würden das Geld hauptsächlich nutzen, um Rücklagen aufzubauen und ihre Gebäude in Schuss zu halten. Sie seien die Besitzer, die ihre Immobilien am besten instand halten. Die Deutsche Wohnen dagegen nutze einen Großteil der Gewinne, um sie an ihre Anleger auszuschütten.
Datum: 19. November 2020, Text: Ulrich Paul/red, Bild: imago images/Bildgehege
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung.