Mieterproteste: Gewobag kündigt nach Modernisierung der Knaackstraße 60-68 deutlich mehr Miete an.

Sie heißen Ingeborg und Josef Sobolik, Sigrid Gabel, Erika Hellebrandt, Hans Gasior, Doreen D’Orville, Alexey Tonkikh – und sie sind in der Knaackstraße 60-68 zu Hause. Manche von ihnen, wie die Soboliks, schon seit mehr als 50 Jahren. Sie wohnen zu moderaten Mieten in einem der letzten unsanierten Häuser, mit Gasheizung und Kohleöfen, nahe am eher grün-bürgerlichen Kollwitzplatz – der als Milieuschutzgebiet jedoch auch Sozialmieten verpflichtet ist. Seit Monaten schlafen sie schlecht. Denn sie haben Angst, dass exorbitante Mietsteigerungen infolge einer aufwändigen Modernisierung ihre schmalen Renten und Einkommen auffressen und sie aus ihrem Zuhause verdrängen. Ihre Mieten würden um 60 bis 110 Prozent steigen. Sie wehren sich öffentlich gegen das teure Vorhaben der Gewobag und sagen: „Das ist unser Haus!“

Heftiger Streit

Die Gewobag plant hier eine umfangreiche Fassadendämmung, Bäder sollen saniert werden, ein Blockheizkraftwerk soll die zentrale Wärmeversorgung sichern. Besonders um die Dämmung ist ein heftiger Streit entbrannt. Für mehr als eine Million Euro sollen 4.000 Quadratmeter Fassade wetterfest gemacht werden; 268 Euro pro Quadratmeter. Die Mieter zweifeln Fläche und Summe an. „Jahrzehnte ist hier nix passiert. Nun soll eine dicke und teure Dämmung die Versäumnisse kaschieren und als Modernisierung auf uns Mieter umgelegt werden“, empört sich Doreen D’Orville. Nach eingeholtem Expertenrat sei das Ganze zudem unökonomisch. Die damit bewirkte Energieeinsparung decke nicht die Kosten. Wie die anderen, fordert sie eine seriöse Kalkulation und Kostentransparenz. Die Gewobag hält entgegen, dass sie als landeseigenes Unternehmen verpflichtet sei, zu modernisieren. „Dabei halten wir uns strikt an die gesetzlichen Bestimmungen und das Vereinbarte im ‚Bündnis für soziale Wohnungspolitik‘“, bekräftigt Pressesprecherin Dr. Gabriele Mittag. So werde die maximale Kaltmiete nach der Modernisierung auf die ortsübliche Vergleichsmiete begrenzt; die Kosten würden zu maximal neun Prozent auf die Bewohner umgelegt; Härtefälle würden mit einer niedrigeren Belastung berücksichtigt. Mitte Juni stellte die Gewobag laut Energiesparverordnung einen Antrag auf Verzicht der Fassadendämmung und wartet auf das Ergebnis.

Antrag erwartet

Die Pankower SPD-Fraktion fordert eine sozialverträgliche Lösung. „Kein Mieter darf verdrängt werden. Die Gewobag muss prüfen, ob diese umfangreichen Maßnahmen überhaupt nötig sind. Hier ist das Bezirksamt in der Pflicht“, sagt Roland Schröder (SPD), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. Am 13. Juli wird sich die BVV mit einem SPD-Antrag dazu beschäftigen.

Jürgen Zweigert, Bild: Jürgen Zweigert