Khadja-Moschee: Muslimische Gemeinde erfährt wachsende Akzeptanz.

Allmählich füllt sich an diesem Abend der Gebetsraum der Khadija-Moschee in der Pankow-Heinersdorfer Tiniusstraße, die Gäste betreten ihn auf Socken: Neujahrsempfang der Ahmadiyya-Gemeinde in Berlin. Imam Said Ahmad Arif freut sich: „Wieder sind viele in unser offenes Haus gekommen. Wir sind da. Und wir werden zunehmend akzeptiert, weil wir für religiöse und kulturelle Toleranz eintreten.“ Unter den rund 150 Gästen sind Abgeordnete, Vertreter christlicher und jüdischer Gemeinden sowie anderer Glaubensgemeinschaften. Sie alle eint der Wunsch und die Hoffnung auf die friedliche Koexistenz aller Religionen. Ihre Grußbotschaften appellieren an Herz und Vernunft und die Dringlichkeit, beides in diesen global schwierigen Zeiten engagiert einzusetzen. „Wir müssen Vertrauen stärken, mehr Begegnungen organisieren, gezielter aufklären. Gerade auch über die Friedfertigkeit des Islam“, sagt Andreas Germershausen, der Integrationsbeauftragte des Berliner Senats. „Das geschieht in der Ahmadiyya-Gemeinde vorbildlich.“

Angriffen ausgesetzt

Große Schautafeln an den Wänden des Gebetsraums klären im Zeitraffer über Herkunft und Geschichte der Ahmadiyya Muslim Jamat auf. Vor mehr als 100 Jahren auf dem indischen Subkontinent entstanden, weihte sie Mitte der 20-er Jahre in Berlin die erste Moschee auf europäischem Boden. In Indien und Pakistan sind ihre Anhänger bis heute regelmäßig den Angriffen fundamentalistischer Muslime ausgesetzt. Die Gemeinde versteht sich als Reformbewegung; der orthodoxe Islam lehnt sie ab. Deshalb sind die Kontakte zu anderen muslimischen Gruppierungen rar. Erst mit dem Missbrauch des Islam durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) und andere Terrorgruppen nähern sich Reformer und Orthodoxe in jüngster Zeit vorsichtig an. Weltweit hat die Ahmadiyya etwa 30 Millionen Anhänger; bis zu 40.000 gibt es in Deutschland; in Berlin etwa 350. Ihr Oberhaupt ist der in London lebende 5. Khalif Hadrat Mirza Ahmad. Gemeindemitglied Saqeb Sadiq weist auf die Dhischad-Tafel: „Das hat gar nichts mit ‚Heiligem Krieg‘ zu tun. Vielmehr bezeichnet es eine ‚Anstrengung auf dem Wege Gottes‘. Eine friedliche, wohlgemerkt.“ Sie alle seien entsetzt über die Vereinnahmung islamischer Werte durch die Salafisten und verurteilten scharf den Terror im Namen Allahs. „Darüber müssen wir immer wieder reden, mit den Nachbarn und allen anderen. Gegen diesen Terror kann man nur vereint handeln“, ergänzt Pressesprecher Asif Sadiq. „Wir lehnen eine Parallelgesellschaft ab, unsere Imame werden in Deutschland ausgebildet, wir wollen Bildung für unsere Frauen.“ Dabei sein, nicht abschotten – das leben die Gemeindemitglieder auf vielfältige Weise. „Jedes Jahr beginnt für uns mit einer großen Putzaktion“, zählt Imam Said Arif auf. Wenn zum Neujahr die Nachbarschaft noch schläft, werden die um die Moschee liegenden Straßen gesäubert. „Wir organisieren eine lebendige Jugendarbeit, Treffen zwischen Schulklassen und den Generationen, veranstalten ‚Tage der offenen Tür‘, empfangen Reisegruppen, pflanzen Bäume, renovieren Kindergärten, pflegen Spielplätze“, fährt er fort. Mit Zuspitzung der Flüchtlingsdramen sei die Flüchtlingshilfe aktuell in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gerückt; vielerorts seien Gemeindemitglieder mit Tee und Essen, Rat und Hilfe dabei.

Mehr Gemeinsames

Der Abend klingt aus bei traditioneller Kost und anregenden Gesprächen. Einmal mehr wird deutlich, dass über alle Konfessionen hinweg ein friedliches Auskommen möglich ist, weil es mehr Gemeinsames als Trennendes gibt. Getreu ihrem Motto „Liebe für alle, Hass für keinen“ will sich die Ahmadiyya-Gemeinde auch künftig als dialogbereite Brückenbauerin in das gesellschaftliche Leben einbringen.

Text und Bild: Jürgen Zweigert