Senat will Vorkaufsrecht ausbauen / Alter Güterbahnhof könnte betroffen sein.
Das Vorhaben klingt so einfach wie sinnvoll: Um Mieterhöhungen und der Verdrängung von Menschen aus ihren angestammten Kiezen entgegenzuwirken, kauft der Staat Immobilien und Grundstücke auf, zum Beispiel zugunsten von landeseigenen Wohnungsunternehmen. Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) hat jetzt angekündigt, dass das Vorkaufsrecht des Staates verstärkt zum Einsatz kommen soll. Davon könnte auch der Güterbahnhof Köpenick betroffen sein. Dort will ein privater Investor 1.250 Miet- und Studentenwohnungen bauen. Das Bezirksamt lehnt das Projekt „Stellinghöfe!“ ab.
Unsichere Bezirke
Tatsächlich ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes mit vielen juristischen und bürokratischen Hürden verbunden. Auch deshalb kam es in Berlin erst viermal zum Einsatz, und zwar in Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg. Zum Teil laufen die Verfahren noch. „Wir wollen bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes professioneller werden“, so Lompscher. „Etliche Bezirke sind da noch unsicher.“ Daher sei ein Handlungskonzept als Handreichung und Hilfe für die Bezirke erarbeitet worden, das der Senat im Juni beschließen wolle. Die Bezirke können das Vorkaufsrecht in sogenannten Milieuschutzgebieten wahrnehmen, wenn Eigentümer dort ihre Immobilien verkaufen.
Das Vorkaufsrecht kann nach Einschätzung Lompschers ein Baustein sein, um das Ziel des rot-rot-grünen Senats einer sozialeren Wohnungspolitik zu erreichen. Daher solle dieses Instrument in Zukunft auch in noch einzurichtenden Entwicklungsgebieten zum Tragen kommen. Ein Konzept dazu sei in Arbeit, erste Areale wie der Güterbahnhof Köpenick, die Hertzallee in Charlottenburg und die Spandauer Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne seien benannt.
Wirksamkeit umstritten
Die Wirksamkeit des Vorkaufsrechts ist allerdings umstritten. „Um schnell günstigen Wohnraum zu schaffen, ist dieses Instrument gänzlich ungeeignet“, sagt Christian Gräff von der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Die Wohnungsbaustrategie des Senats hält er für verfehlt. „Die Bausenatorin denkt zu viel an Sozialwohnungen und vergisst das mittlere Preissegment, dabei ist dort der Bedarf besonders groß.“
Der bau- und wohnungspolitische Sprecher kündigt für dieses Jahr einen Masterplan Wohnen an, der unter anderem Rahmenbedingungen für Mietwohnungsbau, neue Förderinstrumente und eine Zielzahl für Neubauten enthalten werde. Um mehr Wohnungen im mittleren Preissegment, also für Kaltmieten von sechs bis neun Euro., anbieten zu können, schlägt Gräff vor, Familien und Singles mit Gutscheinen auszustatten. Ist die Wohnung am Ende teurer, zahlt der Staat die Differenz. „Anstelle von Beton sollten wir Menschen fördern“, sagt Gräff.
Gegen den Willen des Bezirks stehen die Zeichen am Güterbahnhof auf Wohnungsbau. Für die Entwicklung eines „urbanen Wohn- und Arbeitsstandortes“ lässt der Senat seit April 2016 vorbereitende Untersuchungen durchführen. Anfang des Monats wurde dieses Gebiet um 4,5 auf jetzt 57,8 Hektar erweitert. „Da die Haupteinkaufsstraße Köpenicks und mehrere Naherholungsgebiete unmittelbar angrenzen, eignet sich das Areal für eine entsprechende bauliche Nutzung für den dringend benötigten Wohnungsbau“, so eine Senatssprecherin.
Nils Michaelis (mit dpa), Bilder: Thinkstockphotos/iStock/Coreograph, iimago/Jürgen Ritter