Mobilität: Berliner testeten vier Wochen das brandneue Modell.

„Funktionalität ist den Berlinern noch wichtiger als Farbe und Design“, freut sich Annekatrin Westphal. „Die Diskussionen sind sachlicher geworden.“ Gerade hat die Leiterin Fahrgastmarketing der Berliner S-Bahn ihrer 14. Besuchergruppe die Vorzüge der neuen S-Bahn-Generation erläutert. 400 repräsentativ ausgewählte Fahrgäste haben im Oktober das begehbare und funktional ausgestattete 1:1-Modell im Werk Schöneweide unter die Lupe genommen. Anschließend hielten sie ihre Eindrücke in einem Fragebogen fest. „Ein Labortest, der die Realität perfekt simuliert“, sagt Westphal. „Die Ergebnisse werden ausgewertet und fließen in den weiteren Entwicklungsprozess ein.“

Modern und komfortabel

cr_lvs_s2_04Die „Neue“ kommt gut an. Die Berliner verteilten viel Lob, nur mäßige Kritik. „Eine S-Bahn für alle. Modern, zeitgemäß, komfortabel“, verspricht Peter Buchner, Vorsitzender der Geschäftsführung S-Bahn Berlin. Die Vorgaben sind erfüllt: Mehr Platz für Kinderwagen, Fahrräder und Rollstühle. Die durchgängigen, klimatisierten Wagen mit breitem Gang bieten mehr Komfort. Das freundliche Blau der Sitze und helleres Licht vermitteln eine angenehme Atmosphäre. Große Informationsdisplays in den Seitenfenstern, Sprechfunktion in jedem Eingangsbereich und Videoüberwachung sorgen für mehr Service und Sicherheit. Auch Rollstuhlfahrer haben den neuen Zug getestet, sind mit Platzangebot und Komfort zufrieden. Im ersten Wagen haben vier Rollstühle und zwei Kinderwagen Platz.

cr_lvs_s2_03Die schwarzen Türen sind mit rundum laufenden LED-Leuchten ausgestattet, die beim Öffnen und Schließen sowie während des Bahnhofaufenthalts permanent piepen. „Ein notwendiges Achtungssignal, gerade für sehschwache Menschen“, finden die einen. „Nervig bei längeren Fahren“, kritisieren andere. Auf alle Fälle gewöhnungsbedürftig – „aber im Ton noch verhandelbar“, sagt Westphal. Das gilt auch für Haltestangen und -schlaufen, über deren Anordnung die S-Bahn noch mit sich reden lässt. Überrascht hat die Marketing-Chefin das insgesamt positive Echo zur Farbgebung. Man sei zwar beim traditionellen Schwarz, Rot, Gelb geblieben, wollte aber größere Kontraste haben. „Deshalb haben wir uns für frischere Farben entschieden; ein helleres Gelb und Rot, mehr Schwarz“, so Westphal.

Zeitplan steht

cr_lvs_s2_untenDer Zeitplan des Herstellerkonsortiums Siemens/Stadler steht: Im Sommer 2017 soll die Konstruktionsphase abgeschlossen sein, im Frühjahr 2019 die technische Erprobung beginnen. Ab Januar 2021 werden die ersten Wagen auf dem Teilnetz Ring/Südost eingesetzt; bis 2023 ersetzen dann alle 106 bestellten Neuwagen die Altbauzüge. 900 Millionen Euro lässt sich die S-Bahn diese Erneuerung kosten. Und das ist der Anfang, denn das wachsende Berlin braucht noch mehr moderne Mobilität.

Autor und Bilder: Jürgen Zweigert