Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg: Bauarbeiten an S-Bahn-Trassen werden im Sommer für große Schwierigkeiten sorgen.
Wer als Berufspendler aus Marzahn-Hellersdorf oder Lichtenberg und Hohenschönhausen täglich mit der S-Bahn in die City unterwegs ist, sollte sich auf eine anstrengende zweite Jahreshälfte vorbereiten. Ein gewaltiger Baustellenmarathon hat die Bahn jetzt für die Schlüsselstrecke ab Springpfuhl und Nöldnerplatz in dieser Zeit angekündigt.
Los geht es am 30. August auf der Strecke zwischen Springpfuhl und Wartenberg: Diese nahezu alternativlose Etappe in Richtung Hohenschönhausen wird den gesamten September hindurch für die Gleiserneuerung auf beiden Streckengleisen gesperrt sein. „Aufgrund der Länge des Umbauabschnitts, der logistischen Randbedingungen, sowie unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzes, ist eine Vollsperrung über den angegebenen Zeitraum erforderlich.
Die Gleiserneuerung muss im Vorfeld der Inbetriebnahme des Elektronischen Stellwerks Biesdorfer Kreuz stattfinden“, teilt Bahnsprecher Gisbert Gahler in einer Mail auf Anfrage des Berliner Abendblattes mit. Doch damit nicht genug: Mit Wiedereröffnung dieses Streckenabschnittes wird die Bahn ab dem 4. Oktober bis zum 4. November die zu sperrende Baustelle einfach vorverlagern. Ab Nöldnerplatz werden dann in Richtung Wuhletal, Ahrensfelde und Wartenberg die Busse des Schienenersatzverkehrs in beiden Richtung bereit stehen.
Weichen gelegt
„In diesem Abschnitt des Bauvorhabens sind die Inbetriebnahmen des Elektronischen Stellwerks Biesdorfer Kreuz sowie der Zugsicherung (ZBS) geplant“, führt Bahnsprecher Gahler aus. Und eben dafür werden neue Weichen eingebaut, Signale gestellt, Balisen montiert, und umfangreiche Prüf- und Abnahmehandlungen sowie Messfahrten durchgeführt.
Für die Linien S7 und S75 finden die Monate September und Oktober demnach ohne Gleise statt – neben dem Schienenersatzverkehr mit Bussen wird in dieser Zeit die Nutzung der U5 sowie der alternativen Tram-Linien empfohlen.
Baustart im Juli
Einen kleinen Vorgeschmack zu diesem „entgleisten Herbst“ gibt es für alle Ringbahn-Fahrer schon bei einem Sommer-Intermezzo auf der Strecke zwischen den S-Bahnhöfen Frankfurter Allee und Ostkreuz, auf der die Linien S8, S41 und S42 verkehren. In der Zeit vom 5. Juli bis zum 5. August soll die über hundert Jahre alte Eisenbahnüberführung am Wiesenweg wieder hergerichtet werden.
Dafür muss die derzeitige Hilfsbrücke ausgebaut und der neue Überbau eingebaut werden. „Aus Arbeitsschutzgründen und logistischen Randbedingungen ist eine Vollsperrung der S-Bahn im angegebenen Zeitraum notwendig“, teilt die Bahn dazu mit.
Mobilität garantieren
Für die lokale Politik kommt die Meldung zu diesen hintereinander geschalteten Maßnahmen mitunter überraschend. „In der Konsequenz heißt das für unseren Bezirk, dass man von August bis November nicht mit der S- Bahn nach WartenDberg kommt“, stellt Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) fest. Investitionen und Sanierung des S?Bahn?Netzes seien zwar dringend erforderlich, aber in so einer Konzentration schwer hinnehmbar.
„Ich habe in meiner 40-jährigen Zeit als Berliner noch nicht erlebt, dass eine S-Bahn-Strecke so lange gesperrt wird. Das finde ich nicht akzeptabel und den Zeitraum viel zu lange. Die Bauablaufplanungen müssen neu überarbeitet werden“, sagt Grunst. Die S?Bahn sei aufgefordert, ein überzeugendes Alternativkonzept vorzulegen. Besonders gespannt beobachte er nun, wie die S-Bahn gedenke, die Mobilität von tausenden Menschen jeden Tag in zumutbaren Zeiten und unter zumutbaren Bedingungen zu garantieren.
„Vor allem fände ich es hilfreich, wenn die S-Bahn anfängt, proaktiv zu informieren. Ich habe mein Büro jetzt gebeten, einen Gesprächstermin mit den Verantwortlichen zu vereinbaren“, so Grunst.
Keine Alternativen
„Ich bin entsetzt über diese Nachrichten. Gerade bei uns in den Außenbezirken leben doch die Menschen, die mit ihren Jobs dafür sorgen sollen, dass diese Stadt in der City funktioniert“, sagt der Marzahn-Hellersdorfer SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier. Mit diesen Plänen mache man den tausenden von Arzthelferinnen, Polizisten, Reinigungskräften, Arbeitern und Angestellten das Leben richtig schwer.
„Von einer grünen Verkehrssenatorin erwarte ich, dass sie Alternativen findet, damit die Leute eben nicht zähneknirschend von der S-Bahn wieder auf das Auto wechseln“, so Kohlmeier in Richtung Regine Günther.
Der angebotene Schienenersatzverkehr sei über diesen langen Zeitraum und für diese lange Strecke in keiner Form akzeptabel. „Wir betreiben in diesem Land Spitzenforschung und schaffen es einfach nicht, solche notwendigen Dinge auf das Mindestmaß an Zeitaufwand runterzuschrauben“, zielt Kohlmeiers Kritik auch in Richtung Baudurchführung, für die er sich effizientere Lösungen wünscht.
Stefan Bartylla