Schule: Seit fast acht Jahren wartet Andreas Mayer auf eine Festanstellung als Lehrer.
Wenn Andreas Mayer erklären möchte, wie er sich manchmal fühlt, verweist er auf eine Szene aus einem der „Asterix & Obelix“-Filme: Weil sie einen „Passierschein A 38“ benötigen, beißen sich die berühmten Gallier dabei an angeblich nicht zuständigen Beamten fast die Zähne aus. Doch während die Comic-Helden mit einem Trick schließlich an das benötigte Dokument gelangen, wartet Mayer noch heute auf ein berufliches Happy End.
Zufällig in den Schulbetrieb
Vor gut acht Jahren kam Mayer zufällig in den Schulbetrieb: Ein Inserat für privaten Spanisch-Unterricht in einem Stadtmagazin machte eine Neuköllner Schule auf den gebürtigen Bayern aufmerksam. Seither steht Andreas Mayer enthusiastisch an der Tafel – kurzzeitig. Die Neuköllner Sekundarschule musste er nach gut drei Jahren verlassen; ein Referendariat an einem Köpenicker Gymnasium beendete er wegen eines familiären Trauerfalls. „Das hat mich ein halbes Jahr raus gehauen. Das wieder aufzuholen war kaum realistisch“, sagt der 42-Jährige.
Gut, aber nicht gut genug
Die Unterbrechung war allerdings verhängnisvoll: Zwar ist Mayer dem Land Berlin gut genug, um auch fachfremd an allen Schulformen zu unterrichten. Doch ohne Referendariat gilt er nicht als vollwertiger Lehrer. Konsequenz: Ein niedrigeres Gehalt als Kollegen mit den gleichen Aufgaben. Und einen Status, der Mayers Stelle immer wackeln lässt, etwa wenn regulär ausgebildete Lehrer Interesse bekunden. Ein neues Referendariat zu beginnen, sieht Mayer nicht ein. „Ich habe ja jahrelange Erfahrung im Unterrichten“, meint er. Zudem kommt mit der Verpflichtung eines vierjährigen Studiums der Fächer Mathe und Deutsch eine neue Hürde für potentielle Grundschullehrer hinzu.
Dabei herrscht in Berlin ein eklatanter Lehrermangel
„Wir stellen jeden ein, der einen Stift halten kann“, soll eine Senatsmitarbeiterin jüngst vor Schöneberger Rektoren verkündet haben. Doch obwohl sich die Leiterin der Löcknitz Grundschule, wo Mayer zuletzt tätig war, für seine Festanstellung einsetzte, musste er nach den Ferien wieder gehen. Nun ist er an der Sternberg Grundschule angestellt – mit einem fast rekordverdächtigen einjährigen Vertrag. „Ich hatte 13 Verträge in den letzten eineinhalb Jahren“, sagt Mayer. Gerade einmal 14 Tage dauerten manche Anstellungen.
Dauer-Kontakt mit Jobcenter
Zwar folgt der nächste Vertrag oft unmittelbar. Doch die kurzen Zeiträume nötigen Mayer zum Dauer-Kontakt mit dem Jobcenter. „Ich habe stapelweise An- und Abmeldungen auf meinem Schreibtisch liegen und mancher Sachbearbeiter hat vermutlich schon die zehnte Kopie meiner Abschlusszeugnisse erhalten“, berichtet der Aushilfslehrer von weiteren bürokratischen Schikanen. Dass Mayer sich diesem Stress aussetzt, hat mit dem Spaß zu tun, den er trotz allem hat. „Wenn man morgens verschlafen in die Schule kommt und freudestrahlend von Drittklässlern begrüßt wird, weiß man, wofür man diesen Job macht“, sagt Mayer.
Philip Aubreville