Fussball: Peter Kaehlitz – vom Torschützenkönig zum Trainer im Reich der Mitte.
Noch vor einem Jahr verkaufte Peter Kaehlitz Anzeigen für das Berliner Abendblatt. Dann tauschte der heute 57-Jährige seinen Arbeitsplatz gegen das Abenteuer „Fußballtrainer in China“ ein. Fünf Monate war er
in Nanjing – einer Stadt mit sieben Millionen Einwohnern und Heimstätte des Fußball-Vizemeisters „Jiangsu Suning“, der in einem Stadion mit einer Kapazität für 60.000 Zuschauer spielt.
Guter Klang
Der Name Kaehlitz ist bei Berliner Fußballfreunden in guter Erinnerung. Der offensive Mittelfeldspieler und Stürmer war in den 1980er-Jahren dreimal Zweitliga-Torschützenkönig in der DDR. Er spielte für Dynamo Fürstenwalde, den BFC Dynamo, Stahl Brandenburg und Hertha BSC. Zwischen 1993 und 1995 ließ er seine Laufbahn bei Hertha Zehlendorf ausklingen. Er blieb dem Fußball als Trainer treu, machte die A-Lizenz. Auf einer Fortbildung in Leipzig erfuhr er davon, dass China deutsche Fußballtrainer sucht. Also das Land, das fast täglich mit neuen Rekordgagen Altstars in die Chinese Super League lockt. Den Anfang machten Didier Drogba und Nicolas Anelka, inzwischen denkt angeblich auch Lukas Podolski darüber nach, sich das Karriereende in Fernost zu versüßen. Der Staatspräsident persönlich hat den Segen zur Milliardenoffensive gegeben.
Er zeigte sich bereits als großer Fußballfan und verfolgt einen fußballorientierten Plan für die Volksrepublik: China soll sich nach 2002 endlich wieder für eine WM qualifizieren, das Riesen-Event möglichst 2034 ausrichten und in nicht allzu ferner Zukunft sogar den Titel holen. Dafür fehlen bisher die Grundlagen, weiß Peter Kaehlitz. Er wurde engagiert, um an Schulen diese Basisarbeit zu beginnen. „Es gibt keine Vereine, keinen Spielbetrieb, keine Wettkampfmentalität“, umreißt er die Ausgangslage. Seine Schüler erscheinen ohne Sportzeug zum Training, in Jeans und Oberhemd. Kaehlitz weiß also, wo er ansetzen muss. Und auch warum. „Es klingt vielleicht pathetisch, aber es macht mir Spaß, der Jugend etwas von dem zurückzugeben, was ich einst selbst vermittelt bekommen habe.“ Sein größtes Problem: Als Trainer ist er es gewohnt klar anzusprechen, was gut ist, aber auch, was besser werden muss. „Das aber widerspricht völlig der dortigen Mentalität. Man kritisiert nicht! Echtes Coaching kennt man eben noch nicht.“
Vertrag verlängert
Sein ursprünglicher Viermonatsvertrag wurde um einen Monat verlängert, sodass er erst kurz vor Weihnachten nach Berlin zurückkehrte. Mit vielen Eindrücken im Gepäck, unter anderem von Ausflügen nach Peking, Shanghai und Hongkong. Ehefrau Ramona lauscht aufmerksam seinen Berichten. Nicht ausgeschlossen, dass sie ihren Peter bald nach China begleitet. Denn am 14. Februar beginnt seine zweite Runde. Und auf Dauer getrennt zu leben, dazu haben beide keine Lust.
Michael Hielscher, Bilder: Privat