Berliner-Mietendeckel-Sicher-Wohnen-Hilfe
Skyline of Berlin looking towards the TV Tower of Fernsehturm, Mitte, Berlin, Germany.

Nach dem Aus für den Berliner Mietendeckel hat der Senat Hilfszahlungen für Mieter angekündigt. Die Berliner Wirtschaft fordert einen Neuanfang beim Wohnungsbau.

Vergangene Woche scheiterte der Berliner Mietendeckel vor dem Bundesverfassungsgericht. Nun geht es darum, die Folgen der Entscheidung zu meistern. Für Menschen, die die Nachzahlungen nicht aus eigener Kraft innerhalb des geforderten Zeitrahmens leisten können, hat sich der Senat am Dienstag auf eine “unbürokratische” Unterstützung namens “Sicher-Wohnen-Hilfe” verständigt.

Die Landesregierung wird die Investitionsbank Berlin (IBB) mit der Auszahlung von zinslosen Darlehen beauftragen, hieß es aus der Senatskanzlei. „Jenen Mietern, die weder Transferleistungsbeziehende noch Wohngeldempfänger sind und die ,eingesparten’ Mietzahlungen nicht zurückgelegt haben, wird damit die Möglichkeit einer Überbrückungshilfe eröffnet.“

Rund 40.000 Berliner könnten betroffen sein

Anspruchsberechtigt sind demnach Haushalte, deren Einkommen bis zu 280 Prozent der Bundeseinkommensgrenze beträgt. Die jährliche Bundeseinkommensgrenze für einen Einpersonenhaushalt beträgt gegenwärtig 12.000 Euro jährlich. Für den Berliner Sicherungsfonds für Mietzahlungen sind somit Einpersonenhaushalte mit einem Einkommen von bis zu 33.600 Euro jährlich anspruchsberechtigt. 

Senat will Kündigungen von Mietverträgen vermeiden

Sebastian Scheel (Die Linke), Senator für Stadtentwicklung und Wohnen: „Durch die unbürokratischen Überbrückungshilfen wird sichergestellt, dass auch in jenen Fällen, in denen Mieter kein Geld zurückgelegt haben, niemand mit der Kündigung der Wohnung rechnen muss.“ Scheel geht davon aus, dass rund 40.000 Berliner Unterstützung benötigen könnten.

Einige Vermieter haben bereits angekündigt, auf Rückzahlungen zu verzichten, darunter Berlins größter privater Vermieter Vonovia und Heimstaden. Andere würden Stundungen anbieten, so Scheel: „Ich appelliere an alle Vermieter, sich diesem Weg anzuschließen. Dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften keine Rückforderungen erheben, ist selbstverständlich.“

Der Berliner Mieterverein (BMV) begrüßt die beschlossenen finanziellen Hilfen des Senats, weil „damit gegebenenfalls Kündigungen vermieden werden können“, so BMV-Geschäftsführer Reiner Wild gegenüber der Berliner Zeitung. Unklar bleibe jedoch, in welchen Fällen das Darlehen in einen Zuschuss umgewandelt werden kann. Wild: „Wir erwarten, dass hier unbürokratisch auch bei aktuellen Einkommensrückgängen infolge Corona, die Hilfe als Zuschuss gewährt wird“.

IHK fordert neue Förderprogramme für Wohnungsbau

„Jetzt muss der Senat mit Steuergeldern Mieter retten, die aufgrund der rechtswidrigen Mietendeckel-Politik desselben Senats überhaupt erst in diese Notlage geraten sind“, kommentierte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder das Hilfsprogramm. „Entscheidend ist jetzt, dass der Senat die richtigen Schlüsse aus dieser Pleite zieht: Wir brauchen endlich eine Neubauoffensive, die ihren Namen verdient. Der Senat muss Förderprogramme entwickeln, damit sich Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen das Leben in Berlin leisten können. Nur so wird man angesichts der steigenden Baukosten einen fairen Ausgleich für alle Beteiligten schaffen.“

Auch Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch fordert einen Neuanfang beim Wohnungsbau in Berlin. „Wir können so nicht weitermachen“, sagte er dem Magazin „Spiegel“. Alle Akteure müssten sich an einen Tisch setzen, um die Wohnungssituation zu entschärfen. Buch: „Das Wohnungsthema kann man nicht im Gegeneinander voranbringen. Der Anstoß muss aber vom Senat kommen.“

Grüne-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch: Mieten einfrieren

Ähnlich äußerte sich Kai Wegner, CDU-Chef und Spitzenkandidat bei der Abgeordnetenhauswahl. Die Grünen-Abgeordnete und Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach sich dafür aus, den Mietendeckel für die landeseigenen Wohnungsunternehmen im Wohnraumversorgungsgesetz bis 2025 festzuschreiben. Für rund ein Fünftel der 1,5 Millionen Wohnungen, für die das Gesetz bisher galt, könnten die niedrigeren Mieten damit festgeschrieben werden.

Der Mietendeckel war bundesweit einmalig. Per Gesetz waren im Februar 2020 die bestehenden Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen auf dem Stand von Juni 2019 für fünf Jahre eingefroren worden.

Datum: 21. April 2021, Text: Nils Michaelis, Bild: imago/agefotostock