Verlegung der Verhandlung in den Hochsicherheitssaal sorgt für Proteste.
Schon im Januar 2019 sollten beide Etagen des Jugendzentrums „Potse“ an der Potsdamer Straße geräumt werden. Der Privateigentümer des Hauses hatte Mitte 2018 den Mietvertrag mit dem Bezirksamt gekündigt. Der Bezirk hatte daraufhin reagiert und die dort ansässigen Jugendclubs „Potse” und „Drugstore” zur Schlüsselübergabe aufgefordert. Während die Betreiber des “Drugstore”-Clubs der Aufforderung nachkamen, weil ihnen ein Alternativstandort in der Potsdamer Straße 134 angeboten wurde, steht die Schlüsselübergabe für den Jugendclub „Potse” im ersten Stock der Potsdamer Straße 180 noch immer aus.
Kein Ausweichangebot
„Neue Räumlichkeiten stehen für die Potse nicht in Aussicht. Für uns ist klar, dass wir ohne Ersatz die Räume nicht verlassen können. Die notwendige Jugendarbeit im Schöneberger Norden würde sonst wegfallen”, heißt es dazu in einem Schreiben des Jugendclubs.
Der Prozess
Am 8. Januar startete nun der Rechtsstreit zwischen Bezirk und Club. Das Urteil des Tages wird zwar noch zu einem gesonderten Termin verkündet, dürfte aber aller Wahrscheinlichkeit nach zugunsten des Bezirks ausfallen, da die Vertreter des Jugendclubs den Saal vorzeitig verließen und damit den Klägern die Grundlage zu einem Versäumnisurteil in deren Sinne überließen.
Die Verlegung
Und das kam so: Weil zu dieser Verhandlung mit vielen Sympathisanten aus der linken Szene vor Gericht gerechnet wurde, hatte das Landgericht entschieden, den Zivilprozess in das eigentlich nur für Strafprozesse vorgesehen Kriminalgericht in Moabit zu verlegen. Der dort anberaumte Saal 500 gehört zum Hochsicherheitsbereich des Hauses. Hier wurde unter anderem der Mykonos-Anschlag verhandelt, verfolgten angeklagte Mitglieder von Rockerbanden hinter schusssicheren Glaswänden ihre Verfahren oder standen schon Mitglieder krimineller Familien-Clans vor dem Richter.
Neben Ausweis-Kontrollen und Taschendurchsuchungen gehört es im Kriminalgericht zur Regel, dass Personen unter 16 Jahren auch für den Zuschauerraum des Verhandlungssaals keinen Zutritt erhalten. Eine nicht darstellbare Verfahrensweise für einen zivilrechtlichen Prozess, bei dem der Streitpunkt der Erhalt eines Jugendclub sei, fand „Potse“-Anwalt Lukas Theune und protestierte vor Prozessbeginn dagegen. Richter Kai-Uwe Kleeberger reagierte auf diesen Protest nicht und Theune reichte daraufhin einen Befangenheitsantrag ein. Nun wird über die Richterbesetzung in den kommenden Wochen entschieden.
Ungeachtet dieses Antrages hätte die Verhandlung indes rein formell weitergeführt werden können. Begründung: Es lägen keine Proteste minderjähriger Personen vor, die den Prozess als Zuschauer hätten beiwohnen wollen. Allein der Protest des Anwalts reiche zur Unterbrechung des Verfahrens nicht aus. „Weitere Rechtsmittel könnten danach von den beteiligten Parteien gezogen und eine Fortführung des Gesamtverfahrens erreicht werden“, teilte dazu eine Gerichtssprecherin mit. Fortsetzung folgt.
Datum: 8. Januar 2020, Text und Bilder: Stefan Bartylla