Stark befahren: die Residenzstraße in Reinickendorf. Archivbild: Imago
Die Residenzstraße in Reinickendorf.

CDU kritisiert Entscheidung der Senatsverkehrsverwaltung.

Die Residenzstraße ist eine der wichtigsten Durchgangsstraßen des Bezirks, doch die Geschwindigkeit wird dort nun kräftig gedrosselt. Zwischen Amendestraße und Lindauer Allee gilt ab sofort Tempo 30. Der Senat verspricht sich davon eine Verbesserung der Luftqualität. In der Bezirkspolitik ist die Entscheidung umstritten. Ablehnend und mit großer Verwunderung hat die Reinickendorfer CDU auf das Tempolimit reagiert.

Keine Auffälligkeiten

Der Abgeordnete Stephan Schmidt (CDU): „Die Luftreinhaltung mutet als Begründung etwas seltsam an, zumal nicht erkennbar ist, was die Residenzstraße dort von anderen Abschnitten unterscheidet.“ Dort, wo man in Berlin auf Hauptstraßen Tempo 30 eingeführt hat wie beispielsweise in der Leipziger Straße, gebe es jedenfalls keine deutlichen Verbesserungen der Luftqualität, sagt Schmidt. Auch in der Frage der Verkehrssicherheit weise die „Resi“ nach den Unfallstatistiken keine besonderen Auffälligkeiten gegenüber anderen Straßen und Kreuzungen im Bezirk auf. „Wir gehen deshalb davon aus, dass es sich hier um eine willkürliche Maßnahme handelt, die lediglich aus ideologischen Gründen den motorisierten Straßenverkehr behindern und die Mobilität der Menschen einschränken soll“, so Schmidt.

Weniger Beschleunigung

Die Residenzstraße ist unter den 33 Straßen, für die der Ende Juli verabschiedete Luftreinhalteplan des Senats eine Verkehrsberuhigung vorsieht. „Tempo 30 bedeutet im Stadtverkehr, dass sich die besonders schadstoffintensiven Beschleunigungsvorgänge deutlich verringern und der Verkehr verstetigt wird“, heißt es aus der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.

Vergleichende Untersuchungen der Senatsverwaltung an den viel befahrenen Hauptverkehrsstraßen Silbersteinstraße, Schildhornstraße und Beusselstraße vor und nach Einführung von Tempo-30-Zonen hätten eine Reduzierung der Stickstoffoxid-Belastung von fünf bis sieben Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel im Vergleich zu gleich belasteten Hauptverkehrsstraßen ohne Tempo-30-Limit ergeben. Das sind rund 15 Prozent des EU-Grenzwertes von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. „Die populäre Behauptung, Tempo-30-Zonen taugten nicht als Maßnahme zur Luftreinhaltung, ist – pointiert gesagt – falsch. Auf rund 80 Prozent aller Straßen in Berlin herrsche bereits jetzt Tempo 30.

Provozierter Stau

Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU) befürchtet wirtschaftliche Schäden im Zuge des Tempolimits: „Die Residenzstraße ist eine Einkaufsstraße und ein Geschäftszentrum. Sie ist außerdem als Teil der B96 eine der Hauptverbindungsadern von Reinickendorf nach Mitte. Auf ihr werden Güter transportiert und es findet jede Menge Wirtschaftsverkehr statt. All diese Funktionen muss die ,Resi’ erfüllen, da ist ein künstlich provozierter Stau nicht sehr hilfreich.“

Widerspruch kommt aus der Grünen-Bezirksfraktion. „Die Kritik der CDU basiert leider nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen“, sagt der Bezirksverordnete Jens Augner. „Tempo 30 ist nicht weniger leistungsstark und führt nicht zu mehr, tendenziell eher zu weniger Stau, da der entscheidende Faktor die Flüssigkeit des Verkehrs ist und die Sicherheitsabstände geringer sind.“ Negative Folgen für die Residenzstraße als Geschäftsstraße seien nicht zu erwarten. Der Verkehr werde vielmehr als weniger belastend wahrgenommen. Das mache die Geschäftsstraße attraktiver, betont Augner.

Update: 16. Oktober 2019. Text und Bild: Nils Michaelis