Gespräche zu bedrohtem Club an der Sonnenallee machen Hoffnung.
Alte Fabrikhallen, bunte und schräge Holzhäuser, Ufer-Bereiche, an denen im Sommer mit dem Sonnenaufgang um die Wette getanzt werden kann – die Berliner Clubszene ist einzigartig und weltweit bekannt und beliebt. Viele Clubs teilen derzeit jedoch ein großes Problem: Ihnen droht die Schließung. Sei es wegen Verdrängung durch Neubauten, „Eigenbedarf“, Lärmschutz-Maßnahmen oder steigender Mieten. Auch der Griessmuehle, auf einem alten Fabrikgelände an der Sonnenallee gelegen, droht jetzt das Aus. Der Mietvertrag endet am 31. Januar und wird vom Eigentümer des Geländes nicht verlängert.
Politik gibt Rückenwind
Die Betreiber des Clubs versuchen nun mit einer Petition, den Eigentümer umzustimmen und die Politik zum Handeln zu bewegen. Die Fraktion der Neuköllner Grünen muss diesbezüglich nicht noch überzeugt werden. Sie hat im Bezirksparlament gemeinsam mit der SPD und CDU einen Entschließungsantrag eingebracht. Dieses soll an den Eigentümer sowie den potenziellen Erwerber des Geländes appellieren, den Club zu erhalten. „Fast 100 Mitarbeiter dieses Zentrums, ihr Status in der Jugendkultur und eine hohe Reichweite in die Mitte der Gesellschaft machen die Griessmuehle zu einem relevanten Akteur“, heißt es im Antrag. Auch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) gibt Rückenwind: „Zu viele Clubs wurden geschlossen oder sind davon bedroht. Stadtentwicklung und der Erhalt kultureller Orte müssen Hand in Hand gehen.”
Der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hatte Anfang der Woche einstimmig mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen und Linke einen Antrag zur Griessmuehle beschlossen. Es war damit das erste Mal, dass das Berliner Abgeordnetenhaus sich für den Erhalt eines Clubs durch Parlamentsbeschluss ausspricht. In den vergangenen zwei Tagen standen dann Gespräche mit dem Eigentümer des Areals, der S IMMO Germany GmbH, den Griessmuehle-Betreibern und Vertretern aus Politik und Verwaltung an. Bei den Gesprächen bekräftigten alle Beteiligten, dass eine lebendige Clubkultur zum Markenkern Berlins gehöre und geprüft werden soll, ob perspektivisch ein clubkultureller Betrieb auf dem Gelände gehalten werden kann. Darüber informierte die Berliner Clubcommission, die ebenfalls am Austausch beteiligt war. Die Gespräche seien konstruktiv und freundlich verlaufen und Ergebnisse wurden schriftlich dokumentiert.
Ab Februar kein Clubbetrieb mehr
Da mit den Baumaßnahmen begonnen wird, könne ein weiterer Clubbetrieb ab Februar nicht mehr stattfinden. Obwohl bereits Bauvormaßnahmen getroffen wurden, sicherte die S IMMO aber vorbehaltlich der Zustimmung des derzeitigen Hauptmieters zu, dass eine Abschiedsveranstaltung bis zum 3. Februar gestattet sowie der Zeitraum für eine Räumung bis Mitte Februar verlängert wird. Die S IMMO bestätigte zudem, dass sie eine künftige Entwicklung auf dem Gelände zu Veranstaltungs-, Gastronomie- und Clubflächen gemeinsam mit der Clubcommission prüfen
möchte und dafür an einem Partizipationsworkshop teilnehmen werde. Die S IMMO begrüße dabei ausgesprochen, wenn ein clubkultureller Betrieb Bestandteil des zukünftig entwickelten Areals sein könnte. Auch wurde von der S IMMO in Aussicht gestellt zu prüfen, ob bereits während der Hochbauphase eine Zwischennutzung einer Freifläche auf dem Areal möglich sein kann. „Wir können uns auch vorstellen, dass bereits während der Bauphase in den
nächsten Jahren ein temporärer Ort auf dem Gelände geschaffen wird, der dem Neuköllner Geist entspricht.“, so S-IMMO-Geschäftsführer Robert Neumüller.
Zwischenlösung an anderem Standort
Die Clubcommission wird sich als Moderator und Vermittler zwischen der S IMMO und den Betreibern der Griessmuehle für eine weitere Zwischen- und Nachnutzung einbringen, sowie im Verlauf der nächsten Woche beratend zu Seite stehen, um einen Prozess zu gestalten, mit dem Ziel, ein nachhaltiges Konzept und Betreibermodell zu entwickeln. Zudem konnte die Griessmuehle kurzfristig ab Februar eine Zwischenlösung an einem
anderen Standort schaffen, um mit ihrem bereits gebuchten und angekündigten Programm für die nächsten Wochen „ins Exil“ gehen zu können.
Datum: 23. Januar 2019, Text: Sara Klinke/red, Bild: Getty Images Plus/iStock/DisobeyArt