In Marienfelde wollen Mercedes Benz und Siemens gemeinsame Sache beim Aufbau einer voll digitalisierten Produktion von Elektroautos machen. Wie viele Arbeitsplätze künftig an dem traditionsreichen Mercedes-Standort noch gebraucht werden, ist unklar.
Der so entstehende „Digital Factory Campus“ solle als Vorreiter für alle 30 weltweiten Mercedes-Werke dienen, heißt es in einer Mitteilung der beiden Konzerne. „Wir treiben gemeinsam mit Siemens die Entwicklung von nachhaltigen Zukunftstechnologien voran – aus Berlin für die ganze Welt“, schwärmt Jörg Burzer, Vorstand der Mercedes-Benz AG. Dazu solle der gesamte Produktionsprozess inklusive Lieferketten und Fertigungsroutinen neu aufgebaut werden.
Wichtige Erfahrungen in der Siemensstadt
Ziel sei es, die in Berlin erprobten Neuentwicklungen weltweit auszurollen und die Anwender in allen übrigen Werken für die neuen Technologien zu qualifizieren. Mit dem Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science in der Siemensstadt bestehe bereits ein hervorragender Erfahrungsschatz, der in die nötige Zusammenarbeit einfließen könne.
Auch Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, zeigte sich begeistert von der neuen Kooperation: „Beide Unternehmen sind Berlin seit Langem und eng verbunden. Mit ihrer strategischen Partnerschaft stärken sie den führenden Wissenschafts- und Forschungsstandort Berlin und können Arbeits- und Ausbildungsplätze sichern”
Jeder der beiden Konzerne will für die anstehenden Aufgaben einen zweistelligen Millionenbetrag investieren und schon Ende des Jahres verschiedene Fahrzeug-Montagestationen erproben. Die Mercedes Benz AG hatte schon vor wenigen Wochen angekündigt, das bisher auf die Produktion von Dieselmotoren ausgerichtete Werk in Marienfelde in den kommenden Monaten zu einem „Kompetenzzentrum für Digitalisierung“ umbauen zu wollen.
Die Gewerkschaften befürchten indes, dass bei dieser Transformation viele der rund 2.500 Arbeitsplätze am Standort auf der Strecke bleiben könnten.
Schlaue Entwicklung und große Befürchtungen
„Wenn sich Global Player wie Daimler und Siemens zusammentun, um die Industrie von morgen von Berlin aus zu gestalten, ist das natürlich ein sehr gutes Signal für die Stadt“, sagt Jan Otto, IG Metall-Chef in Berlin. „Und es ist vor allem ein schlauer Zug der Unternehmen. Die Stadt ist mit ihren exzellenten Wissenschaftseinrichtungen und der in Europa einmaligen Start-up-Szene ein Hot-Spot für die Entwicklung digitaler Zukunftstechnologien für die Industrie.“
Mindestens genauso wichtig sei es aber, dass Im Daimler-Werk Marienfelde Stand heute 2.500 Menschen beschäftigt sind, die wissen wollen, wie viele neue Arbeitsplätze entstehen werden”, sagt Jan Otto. Ende des vergangenen Jahres habe das Daimler-Management schließlich noch angekündigt, einen Großteil der Arbeitsplätze abbauen zu wollen.
Arbeitsplatzzahlen zu den neuen Plänen nannten die Konzernverantwortlichen indes noch nicht. Die Höhe der genannten Investitionssummen könnte aber auf eine Verkleinerung der Produktionsstätten hindeuten: Normalerweise kosten Werksumbauten zumindest Hunderte Millionen Euro – Investitionssummen, die in dieser Dimension nicht genannt wurden. Daimler hatte in den vergangenen Monaten zudem auf notwendige „personelle Anpassungen“ hingewiesen, die sozialverträglich gestaltet werden sollen. „Wie viele Beschäftigte wir in Berlin 2025/26 und darüber hinaus haben werden, wird sich zeigen“, kommentierte Mercedes-Vorstand Burzer gegenüber der Nachrichten-Agentur Reuters aktuelle Vermutungen.
Datum 2. April 2021, Text: red/ ylla, Bild: IMAGO / Schöning