Bürger fordern Pferdekutschen-Verbot und finden Zuspruch auf Bezirksebene.

Vorbei ist der Sommer. Vorbei ist die Zeit, in der der Einsatz von Pferdekutschen zu Touristenzwecken besonders fragwürdig ist. Fragwürdig wegen Temperaturen über 30 Grad Celsius, wegen fehlender Rastplätze und mangelnder Wasserversorgung. Obwohl bereits im Mai eine Petition, unterschrieben von mehr als 70.000 Berlinern, an Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) übergeben wurde, die den Verbot von Pferdekutschen im innerstädtischen Bereich fordert, hat sich die Berliner Verwaltung vor dem Saison-Ende nicht zu einem Statement oder einem neuen Konzept bewegen lassen.

Niemand zuständig

Senator Geisel nahm die Unterschriftenliste nicht an, seitdem irrt sie im Abgeordnetenhaus herum, keiner will sich zuständig fühlen. „Das Thema liegt beim Bauauschuss“, sagt eine Sprecherin aus dem Abgeordnetenhaus. Der Ausschussvorsitzende Andreas Otto (Die Grünen) meldete sich auf eine Nachfrage des Berliner Abendblattes, wann mit einer Entscheidung über die Petition zu rechnen ist, nicht.

Zeitgleich kritisiert seine eigene Partei, die Grünen-Fraktion, federführend die tierschutzpolitishce Sprecherin Claudia Hämmerling, die „Blindheit der Berliner Landesregierung in Sachen Tierwohl“. Die Leitlinien für Pferdefuhrwerksbetriebe, nach denen beispielsweise Pausen- und Fütterzeiten auf natürlichem Untergrund für die Tiere festgelegt wurden, würden keinen Sinn machen. Denn: Wer sich an diese hält und beispielsweise eine Pause auf dem Mittelstreifen vor der Russischen Föderation einlegt, handle ordnungswidrig. Die Pferde dürfen hier gar nicht stehen. Wo also sonst? Für die Initiatorin der Petition, Julia Maier aus München, gibt es keine Lösung. Deshalb fordert sie gemeinsam mit mittlerweile über 77.000 Befürwortern ein absolutes Verbot der Droschken in Berlins Mitte: „Die Kutschpferde werden nicht einmal ansatzweise adäquat versorgt. Im Gegenteil. Sie müssen die Abgase einatmen, unseren dröhnenden Straßenlärm 24 Stunden lang ertragen, ihr natürlicher Fluchtinstinkt wird durch Ausbinder und Scheuklappen unterdrückt.“

Im Bezirksamt Mitte hat Ordnungsstadtrat Carsten Spallek sich jüngst für ein Verbot der Pferdekutschen ausgesprochen. „Ich stimme zu, dass der Einsatz von Kutschpferden im innerstädtischen Bereich, zumindest augenscheinlich, nicht mit dem Tierschutz vereinbar scheint. Einem möglichen Verbot der Kutschpferde durch den Senat würde ich mich nicht verschließen. Die Beratungen im Abgeordnetenhaus müssen allerdings abgewartet werden.“ Der Senat wurde vom Abgeordnetenhaus von Berlin aufgefordert, bis Ende August ein Konzept zur regulierten Durchführung von Kutschfahrten zu erarbeiten. Bis Redaktionsschluss lag der Redaktion ein solches nicht vor.

Wichtiges Zeichen

Für die Petition sei der Bezirk nicht der richtige Ansprechpartner, erklärt Spallek. Sie sei jedoch ein wichtiges Zeichen für den Tierschutz. Das Ordnungsamt Mitte würde mindestens einmal monatlich die Einhaltung der Leitlinien kontrollieren. Viele Verstöße wurden seither verzeichnet.

Sara Klinke, Bild:imago/Reiner Zensen