Geschichte: Weddinger Standesamt lässt historische Unterlagen digitalisieren.

Das Standesamt I in der Schönstedtstraße, das auch als Auslandsstandesamt der Bundesrepublik Deutschland fungiert, beherbergt unter anderem Standesamtsurkunden aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Seit Ende der 1940er Jahre lagerten die Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden in der Behörde und wurden durch das Standesamt dienstlich für die Klärung persönlicher Schicksale und die weitere Ausstellung von Personenstandsurkunden genutzt. Jedoch standen die Dokumente der wissenschaftlichen und heimatkundlichen Forschung nur eingeschränkt zur Verfügung. Nach einer Gesetzesänderung im Jahr 2009 gelten die Urkunden nun, nach Ablauf ihrer Fortschreibungsfristen als Archivgut und werden nach und nach an das Berliner Landesarchiv übergeben. In Zusammenarbeit mit dem Landesarchiv digitalisiert und indexiert Ancestry.de ausgewählte Personenstandsregister und ermöglicht damit die Einsicht für jedermann und von überall. Bereits über 900.000 dieser Dokumente können heute auf Ancestry.de durchsucht werden. Neben den reinen Fakten dokumentieren die Urkunden auch die dramatischen Ereignisse und Schicksale der Menschen während des zweiten Weltkrieges.

Schwimmende Kaserne

So wird durch die Urkunden unter anderem der Untergang der „Wilhelm Gustloff” bezeugt. Einst für Kreuzfahrten gebaut, diente es während des Zweiten Weltkrieges hauptsächlich als schwimmende Kaserne im Hafen von Gdingen / Gotenhafen (dem heutigen Gdynia). Als die Rote Armee gegen Ende des Krieges immer weiter vorrückt und Millionen Flüchtlinge versuchen auf dem Seeweg zu entkommen, wird es als Rettungsschiff eingesetzt. Am 30. Januar 1945 treten mehr als 10.000 Menschen die Flucht an Bord der „Gustloff” an. Wenig später kommt es zur Tragödie. Von drei Torpedos getroffen, sinkt das Schiff zwischen Leba und Stolpemünde, mehr als 9.000 Menschen sterben. Eine Reihe von Sterbeurkunden aus der Berliner Sammlung dokumentieren die Katastrophe. „Neue Archivmaterialien zu digitalisieren ist immer spannend. Aber Bände nach mehr als 70 Jahren teilweise zum ersten Mal wieder zu öffnen, ist auch für uns bei Ancestry etwas ganz Besonderes. Erst recht, wenn sie so spannende Dokumente beinhalten und Geschichten erzählen wie die der Berliner Sammlung“, so Nikolai Donitzky, Managing Director Deutschland bei Ancestry. „Obwohl die Urkunden die ganzen Jahre verfügbar waren, wussten nur wenige Experten von dem historischen Schatz im Keller des Standesamtes. Bis 2017 werden wir die Aufzeichnungen nun nach und nach digitalisieren, online stellen und diese vergessenen Zeitzeugen somit für jedermann zugänglich machen.“

Manfred Wolf / Bild: Ancestry