Die sechs Berliner Impfzentren kosten pro Monat 29 Millionen Euro. Obwohl der Zuschuss durch den Bund ab Oktober entfällt, möchte der Senat einige Zentren offen halten. Berlins Kassenärzte sprechen sich vehement dagegen aus.
Genügend vorhandener Impfstoff und eine inzwischen ansehnliche Impfquote führen dazu, dass in Deutschland eine neue Phase in der Impfkampagne gegen COVID 19 gestartet wird. So auch in Berlin: Während zu Beginn und Mitte des Jahres die sechs Impfzentren begrenzt vorhandene Vakzine priorisiert an Menschen mit besonderer COVID-Gefährdung verabreichten, sieht die Strategie seit wenigen Wochen vor, möglichst viele Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft zu impfen.
Lokale Aktionen versorgen viele Kieze mit Impfungen
Zur Zielsetzung, einen Großteil aller Berliner bis Ende September mit mindestens einer Impfung versorgt zu haben, sollen die großen Impfzentren immer weniger beitragen. Dafür sollen Impfungen durch Betriebs-, Haus- und Fachärzte sowie mobile und lokale Impfaktionen in Zukunft die beträchtlichen Anteile an den Steigerungen der Impfquoten liefern. Besonders der Einsatz der Ärzte optimiert die Versorgung und spart immense Kosten: 29 Millionen Euro werden in jedem Monat für den Betrieb der sechs Berliner Impfzentren fällig. Bund und Senat teilen sich diese gewaltige Rechnung zu gleichen Teilen. Die besonders teuren Posten im Betrieb der Impfzentren sind die Anmietung von Inventar und Liegenschaften, die Sicherheitsdienste, Hygienemaßnahmen, das Catering, Personal, Einladungs- und Terminmanagement, Impfhotlines und ein Riesenapparat an sonstiger Technik und Logistik.
Kosten senken mit Angeboten der Vertragsärzte
Die Impfangebote durch Vertragsärzte werden diese immensen Infrastrukturkosten erheblich reduzieren. Ulrich Weigeldt, Sprecher des Deutschen Hausärzteverbandes, hatte dieses Thema bereits vor wenigen Wochen ins Gespräch gebracht. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er, dass es mehr als fraglich sei, Strukturen aufrechtzuerhalten, „von denen man immer wieder hört, dass die Kosten pro Impfung etwa zehnmal so teuer seien wie in den Praxen“. Laut Impfverordnung dürfen niedergelassene Ärzte pro Impfung 20 Euro abrechnen. Ist ein Hausbesuch erforderlich, gibt es zusätzlich 35 Euro.
Ungeachtet dieser Zahlen stellt sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) gegen die bereits laufenden Arbeiten zu den Abbauplänen für Impfzentren. In Absprache mit der Gesundheitsverwaltung will er zumindest einen Teil der Einrichtungen länger offenhalten als geplant. Müllers Vorhaben könnte Berlin teuer zu stehen kommen, da die Vereinbarung mit dem Bund zur Übernahme der hälftigen Kosten für den Betrieb der Impfzentren am 30. September ausläuft. „Wir brauchen die Impfzentren möglicherweise, um noch mal einen letzten Schub in diese erste Impfkampagne zu bekommen“, teilte der Regierende mit und ergänzte: „Wir müssen immer noch mitbedenken, dass dann im Herbst auch möglicherweise das Nachimpfen beginnen könnte.“
Jetzt steht ausreichend Impfstoff zur Verfügung
Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV) hat diese und eine ähnliche Ankündigung von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) indes kritisiert. „Die KV Berlin hat immer wieder betont, dass die Impfzentren aufgrund der immensen Kosten geschlossen werden müssen, sobald ausreichend Impfstoff vorhanden ist“, unterstrich KV-Sprecherin Dörthe Arnold. Das sei nun der Fall. Inzwischen hätten die Berliner Haus- und Fachärzte seit Ostern rund 1,2 Millionen Menschen gegen COVID-19 geimpft. Mehr als 450.000 Personen hätten bereits ihre Zweitimpfung erhalten, lautet die Rechnung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Leistungsfähigkeit der Berliner Ärzte im aktuellen Impfgeschehen.
Datum: 8. Juli 2021, Text: Stefan Bartylla, Bild: iStock / Getty Images Plus/ Yermek Aitkuzhin