Wer sich immer nur erwachsen benimmt, hat auch nur erwachsene Sorgen. Ab und zu mal die Zügel loslassen, hilft enorm.

Wer sein Leben genießen will, muss einen Mittelweg zwischen moralinsaurer Abstinenz und Zügellosigkeit finden. Wir haben vielleicht einen roten Faden dafür entdeckt.

Nur Arbeit und kein Spielen macht Jack zu einem gelangweilten Jungen – diesen Satz kennt jeder, der den Horror-Klassiker „Shining“ kennt. Doch die Worte haben noch eine viel tiefere Botschaft als das. Denn in uns allen steckt ein Mensch, der sein Leben genießen will. Gleichsam bremsen wir uns jedoch, um Konventionen zu erfüllen. Doch wer wirklich happy sein will, muss aus diesem Korsett ausbrechen. Wir zeigen, wie es gehen könnte und warum man es tun sollte.

It’s the attitude!

Die meisten berufstätigen Erwachsenen werden eines bestätigen können: Das Leben, das man als berufstätiger Erwachsener führt, ist nicht ansatzweise so schön, wie man es sich als nicht-berufstätiger Jungmensch vorgestellt hat.

Grund ist einfach der, dass schon die normalen Alltags-Verpflichtungen einen Großteil des Tages auffressen. Arbeit, Einkaufen, Haushalt. In einer solchen Welt bekommt selbst der Kontakt zu Freunden Zwangscharakter – eigentlich würde man am liebsten in der Schlabberhose irgendeine Serie schauen. Aber weil man einen gewissen gesellschaftlichen Druck verspürt, zieht man sich etwas Vorzeigbares an und geht in die nächste Kneipe – schließlich ist das ja auch so eine Art zweites Wohnzimmer.  Dass das Geld, mit dem man sich ein schönes Leben machen möchte, von Miete, Steuern und Monatsticket ebenfalls aufgefressen wird, ist nur die Krönung. Wer zusätzlich noch einen Partner oder Kinder hat, weiß, was es bedeutet, nur noch für andere zu existieren.

Wir sind die modernen Asketen

Sport jeden Tag und dazu nur gesundes Essen. Das schlaucht selbst Profis, also warum sollte es bei Amateuren anders sein?

Doch all diese Dinge werden einem von außen auferlegt. Sie sind unabänderlich. Viel schwerwiegender ist jedoch die Attitüde, die sich heute viele selbst auferlegen.

  • Sport – so oft wie möglich
  • Super-gesunde Ernährung
  • Gezwungen erwachsene Verhaltensmuster
  • Verkneifen von sämtlichen „Giften“

Natürlich, all diese Punkte haben Vorteile. Wer viel Sport treibt, hat ein besseres Körperempfinden. Und wer sich gesund ernährt, wird sich niemals über Gewichtsprobleme ärgern müssen.

Aber, und das ist das Entscheidende, mit dieser Abstinenz kommt auch eine Selbstunterdrückung: Das Bedürfnis des Geistes, frei zu sein, mal eskalieren zu können. Wir sind eine Generation von unglücklichen Asketen. Doch wer sich seine Dosis Eskalation nicht regelmäßig gönnt, wird irgendwann unglücklich.

Es endet so oder so

Vor allem denjenigen, denen kein Weg zu weit ist, um maximal gesund zu sein, sei ein philosophischer Rat mitgegeben: Jedes Leben hat ein Ablaufdatum. Der, der sich gesund ernährt, erlebt die 90 – vielleicht. Der, der weniger auf sich achtet, nur die 80 – ebenfalls vielleicht. Doch Leben ist kein Langlauf. Es gewinnt niemand, nur weil er möglichst viele Jahre ansammelt. Was zählt ist nur, dass man auf dem ganzen Weg so viel Spaß hat, wie es ohne Polizeieinsatz erlaubt ist.

Und das ist auch das Stichwort: Man muss lernen, seinen Spaß zu kontrollieren. Nicht nur, damit daraus keine Scherereien entstehen. Sondern vor allem, damit einem nicht das wiederfährt, was Adrenalinjunkies passiert: Der Zwang, die Dosis zu erhöhen, um noch einen Kick zu bekommen. Die Menge macht das Gift. Auch bei den folgenden Dingen.

1. Rauch mal eine

Ja, es ist bekannt, Tabakprodukte sind richtig gefährlich und Helmut Schmidt war ein medizinisches Wunder. Aber es gilt auch: was im Tabakrauch drinsteckt und vor dem die Packungsaufdrucke warnen, ist nur dann ein wirkliches Risiko, wenn man es über Jahre unkontrolliert konsumiert.

Mediziner würden einwerfen, dass selbst die geringste Giftdosis eben Gift bleibt. Statistiker entgegnen, dass ein um 0,0001% erhöhtes Risiko doch vernachlässigbar ist – in einer Welt, in der jährlich Millionen sterben, weil ihnen ein Haushaltsunfall wiederfährt. Deshalb gilt: Wer sich das Rauchen seit Jahr und Tag verkneift, sollte ruhig mal eine anzünden. Natürlich nicht dutzende täglich. Eine Zigarre oder Pfeife als Wochenend-Belohnung kann ebenso angenehm sein und wird nebenbei auch nicht auf Lunge geraucht. Denn die Wirkung von Nikotin ist unstrittig durchschlagend.

2. Spiel mal

Den blinkenden und dudelnden Automaten in der Kiezkneipen-Ecke würden manche nicht mit der Kneifzange anfassen. Spielsucht, lautet die große Angst. Doch sollte man sich die Frage stellen: Hat man sich so wenig unter Kontrolle, dass bei einem die Gefahr besteht?

Der Traum vom großen Gewinn ist so alt wie die Menschheit. Und Glücksspiel hat eben auch wissenschaftlich belegte positive Wirkungen sowohl auf Physis wie Psyche. Denn Nervenkitzel, Anspannung und selbst Verluste schütten in unserem Gehirn Glücklichmacher aus. Und wer vor sich selbst Angst hat, setzt sich einfach ein Geldlimit – oder pokert ohne echten Einsatz mit den Freunden.

3. Mund auf, Lecker rein

Es gibt Vegetarier und Veganer, die diesen Lebensstil aus Tierliebe und Überzeugung pflegen. So viel Prinzipientreue ist bewundernswert und bedarf keiner Korrektur. Ebenso gibt es aber auch Menschen, die sich ähnlich spartanisch ernähren, weil sie glauben, sich damit Gutes zu tun.

Jetzt könnte man die körperlichen Vorteile einer maximalgesunden Ernährung mit ihren seelischen Nachteilen aufrechnen. Doch wenn man nicht aus Überzeugung handelt, wird letzteres immer schwerer wiegen. Dem einen mag ein Walnuss-Tofu-Salat mit Currymais schmecken. Wer sich aber andauernd nur so ernährt, weil er die Nachteile industrieller Ernährung vermeiden will, macht eine Milchmädchenrechnung. Denn Steak aus einer kontrollierten Haltung, vielleicht sogar Wildbret, haben mit Discounter-Fleisch in etwa so viel zu tun wie Motörhead-Lemmy mit Gemüsesaft. Wer Fleisch mag, sollte es sich auch gönnen. Nicht jeden Tag. Aber manchmal.

4. Lass deinem inneren Teenager Raum

Die Geschichte vom Öko-Punk aus Schultagen, der nun in der Bank arbeitet, erzählte die Rap-Combo Blumentopf schon vor vielen Jahren. Doch Tatsache ist: viele sind einen mehr oder weniger ähnlichen Weg gegangen.  Einige merken nicht einmal, dass sie sich vielleicht in ihren 30ern wie jemand verhalten, den ihr Teenager-Ich verachtet hätte. Klar, wenn die Arbeit einem Anzug oder Business-Kostüm erfordert, kann man nicht viel daran ändern. Aber warum muss es am Wochenende die tägliche Gesichtsrasur sein? Warum enthält der eigene Kleiderschrank drei dutzend Herrenhemden aber kein einziges Bandshirt, obwohl man jeden Iron-Maiden-Song mitsingen kann?

Damit ist gemeint, dass man, nur weil man jetzt qua seines Alters erwachsen ist, nicht sämtliche Brücken zu seinem jugendlichen Ich verbrennen sollte. Denn auch diese Phase ist ein Teil dessen, der einen als Mensch definiert. Wer sie ignoriert, ignoriert nur sich selbst. Man muss ja nicht jede Flause, die man damals im Kopf hatte, aufleben lassen. Aber die Dinge, die einem damals besonders am Herz lagen, sollte man auch heute ab und zu aus seiner Kiste hervorkramen und hochleben lassen – und wenn es nur dazu dient, sich bewusst zu werden, warum man froh ist, erwachsen zu sein.

Fazit

Das Leben ist schon ernst genug und setzt uns auf Schienen und Weichen, ohne dass wir viel Kontrolle darüber hätten. Der Trick ist, diese Kontrolle nicht auch noch freiwillig zu erweitern. Natürlich sollte man auf sich achten, sich gesund ernähren, ab und zu mal den Po vom Sofa lüften. Aber jedes Extrem sorgt nur dafür, dass wir daraus ausbrechen wollen. Und je länger man in einem Extrem verweilt, desto größer das Risiko, dass man unkontrolliert ins andere ausbricht. Wer lernt, ab und zu kontrolliert die Zügel loszulassen, der wird darüber tatsächlich mehr Kontrolle erlangen. So wie bei einem Dampfkessel, bei dem man auch ab und zu Druck ablassen muss, damit er nicht platzt.

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