Jorinde Splettstößer und Natalie Bayer vom Museum Friedrichshain-Kreuzberg. Foto: Sascha Uhlig
Jorinde Splettstößer und Natalie Bayer vom Museum Friedrichshain-Kreuzberg. Foto: Sascha Uhlig

Das Museum Friedrichshain-Kreuzberg liegt ein bisschen versteckt, doch hier gibt es viel zu entdecken. Über mehrere Etagen hinweg blickt es auf die bewegte Geschichte des Bezirks zurück.

Ganze 28 Jahre lang trennte die Berliner Mauer die beiden Bezirke Friedrichshain und Kreuzberg – und auch nach ihrem Fall im Jahr 1989 lief noch vieles getrennt voneinander in der Stadt ab. Doch die Berliner Gebietsreform im Jahr 2001 ließ die Stadt und ihre Bezirke in vielerlei Hinsicht enger verschmelzen, so auch die Regionalmuseen von Berlin. Aus Friedrichshain im Osten und Kreuzberg im Westen wurde der neue Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Nur knapp ein Jahr später wurde das Heimatmuseum Friedrichshain aufgelöst und die Exponate von dort gingen in die Sammlung des Museums Kreuzberg über, das von nun an beide Bezirke repräsentieren sollte.


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Keine leichte Aufgabe, wie auch Natalie Bayer weiß, die das Museum Friedrichshain-Kreuzberg seit 2018 leitet. “Die Fusion der beiden Museen war keine freiwillige, gerade von den Friedrichshainer*innen aus, da die ihren Standort aufgeben mussten”, so Bayer, die derzeit auch Sprecherin des Arbeitskreises der Berliner Regionalmuseen ist. “Das Bezirksmuseum in Friedrichshain war von seiner Art her anders, eher ein Heimatmuseum. Das damalige Kreuzbergmuseum war in der Museumswelt ein bisschen weiter, es hat von Anfang an partizipativ gearbeitet, da war in Friedrichshain zu DDR-Zeit die Grundkonstellation anders. Seitdem wurde aber nachgearbeitet, wir holen da ganz schön auf, es gibt deutlich mehr Sammlungsobjekte aus Friedrichshain inzwischen, quantitativ ist es noch nicht 50/50, aber wir arbeiten daran.”

Vor Ort an den Themen bleiben

Zwar liegt das Museum Friedrichshain-Kreuzberg direkt am Kottbusser Tor und somit zentral in Kreuzberg, allerdings ist es durch seine Lage in einem grünen Hinterhof samt Spielplatz auf den ersten Blick von der Adalbertstraße aus leicht zu übersehen. Einmal den Eingang gefunden, lassen sich im Museum über mehrere Etagen hinweg neben einer historischen Druckerei diverse Dauer- und Sonderausstellungen entdecken. Diese blicken zurück auf die bewegte Geschichte des Bezirks, wo seit jeher ein unmittelbares Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten herrschte und unterschiedlichste Lebensstile, Kulturen und Nationalitäten auf engstem Raum zusammentrafen.

Der Eingang des Museums Friedrichshain-Kreuzberg. Foto: Sascha Uhlig
Der Eingang des Museums Friedrichshain-Kreuzberg. Foto: Sascha Uhlig

Themen wie Hausbesetzungen, Gentrifizierung, Protestbewegungen, Underground-Tourismus und Stadtentwicklung sind nur einige von vielen, die Friedrichshain und Kreuzberg prägten und noch immer prägen. Diesen nähern sich Bayer und das gesamte Team des Museums, das sich  selbst als “Forum und bewegtes Gedächtnis des Bezirks” versteht, auf verschiedenste Weise – jedoch stets in enger Zusammenarbeit mit Akteuren vor Ort.

“Wir arbeiten viel mit lokalen Communitys, Vereinen und Gruppen zusammen”, erklärt Bayer, die vor ihrem Umzug nach Berlin im Stadtmuseum München arbeitete, aber bereits zuvor einige Zeit in der Hauptstadt verbrachte. “Für und mit Communitys, im Plural, wir achten darauf, dass es auch immer mehrere und verschiedene sind. Die einfach nah am Thema sind, um mit ihnen weiterzuforschen und voranzukommen, am Thema zu bleiben.”

Der lange Weg der Abrissbirne ins Museum

Eine etwas andere Art von Zusammenarbeit half dem Museum dabei, ein ganz besonderes Ausstellungsstück präsentieren zu können: eine von Besetzerinnen beschlagnahmte Abrissbirne aus der Cuvrystraße. In den 1960er Jahren plante der Berliner Senat ein Autobahnkreuz auf dem Oranienplatz, dies wurde so nie verwirklicht. Orte wie das legendäre SO36 würde es heute hier sonst wohl kaum noch geben. “Das will mir immer keiner glauben, dass die hier ist”, sagt Bayer über die Abrissbirne, die an dieses nie umgesetzte städtebauliche Konzept Berlins erinnert.

Ihre Kollegin Jorinde Splettstößer, die unter anderem für die Programmkoordination des Museums zuständig ist, ergänzt: “Die Abrissbirne war auch für mich ein Highlight, die ist richtig schwer und ich fragte mich, wie die hier her kam. Der lokale Ringer- und Boxverein, wo ich jetzt auch zufällig Mitglied bin, und den es schon seit über 100 Jahren gibt, dessen Mitglieder haben die hierher transportiert”. Der Kontakt, so Bayer, kam ebenfalls durch eine Ausstellung zustande. “Dafür liebe ich auch diesen Beruf”, sagt sie, ”man hat mit vielen sehr unterschiedlichen Menschen zu tun und arbeitet so oft mehr als nur einmal zusammen.”

Zur Info: Museumssonntag in Berlin

Zwar ist der Eintritt im Museum Friedrichshain-Kreuzberg ohnehin kostenlos, jedoch weisen wir an dieser Stelle gerne auf den Museumssonntag in Berlin hin. Denn jeden ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt in fast allen Museen der Hauptstadt frei. Weitere Infos und alle teilnehmenden Museen lassen sich online finden. Der nächste Museums­sonntag ist am 4. September 2022.

Auf einen Blick

Adresse
Adalbertstraße 95a
10999 Berlin

Internet
Website FHXB Museum
Instagram

Öffnungszeiten
Di–Do 12:00–18:00 Uhr
Fr–So 10:00–20:00 Uhr

Eintritt
Eintritt frei

Text und Fotos: Sascha Uhlig