Das Gericht hat entschieden: Die Containerdörfer in Niederschöneweide und Grünau werden geräumt. Bild: IMAGO / Steinach
Das Gericht hat entschieden: Die Containerdörfer in Niederschöneweide und Grünau werden geräumt. Bild: IMAGO / Steinach

Den Containerdörfern an der Moosstraße und am Adlergestell im Bezirk Treptow-Köpenick wurde nun ein Ende gemacht. Nachdem das Bezirksamt Druck gemacht hatte, hat das Verwaltungsgericht nun entschieden, dass die Containerdörfer geräumt werden müssen.

Rattenplage, fehlender Brandschutz, mangelhafte Sanitäranlagen, Müll – die Liste ist lang mit den Gründen, warum das Amtsgericht dieser Tage die Wohnnutzung der Containerdörfer an der Moosstraße 56-58 und am Adlergestell 552, 552a verboten hat. Beide Grundstücke müssen schnellstmöglich geräumt werden. Damit ist das Gericht den Bestrebungen des Bezirksamtes Treptow-Köpenick gefolgt. Das Gericht befindet die derzeitige Nutzung als „eindeutig materiell rechtswidrig“.

Brandschutz, Müll, Sanitär: Alles mangelhaft

Das Verwaltungsgericht begründet dies in beiden Fällen unter anderem mit erheblichen brandschutzrechtlichen Bedenken, insbesondere hinsichtlich der fehlenden Abstandsflächen, fehlenden Brandwände, einem möglichen Brandüberschlag und fehlenden oder unzureichenden Rettungswegen und Feuerwehraufstellflächen. Zudem sind die zu Wohnzwecken genutzten Gebäude auch hinsichtlich der Belichtung und Belüftung sowie des Schallschutzes (Adlergestell), Abfallentsorgung, Wärmeschutz und Sanitäranlagen mangelhaft.

Hinzu kommt eine Rattenplage, die vom Gesundheitsamt mit entsprechenden Anordnungen bekämpft wird. Diese Information konnte das Gericht bei seiner Urteilsfindung nicht mehr berücksichtigen, da die Beschlüsse zum Zeitpunkt der Entdeckung bereits gefertigt waren.

Eigentümer kassiert Mieten vom JobCenter

Laut Gericht bestehe das Geschäftsmodell darin, „Grundstücke zu erwerben und diese ohne Rücksicht auf baurechtliche Anforderungen oder Gebote entweder selbst kurzfristig zu nutzen oder anderen zur Nutzung zu überlassen. Der Antragsteller hat im Berliner Stadtgebiet mehrere Grundstücke erworben und lässt auf diesen ungenehmigt Baucontainer aufstellen, die er selbst oder über ein Firmenkonsortium vor allem Beziehern von SGB-II-Leistungen zur Wohnnutzung anbietet, wobei die Mieten durch das JobCenter direkt an ihn oder die anderen Vermieter gezahlt werden müssen. Die Warmmieten belaufen sich in den gerichtlich bekannt gewordenen Fällen auf monatliche Beträge von 500 bis 600 Euro.“

Die Fristsetzung zur Räumung gegenüber dem Eigentümer und den Vermietern ist „im Hinblick auf die baurechtlichen Vorgaben betreffend Zugängen und Zufahrten auf dem Grundstück, Abstandsflächen, Brandwände und Rettungswege sowie Mindestbelüftung, -belichtung und –ausstattung von Wohnungen und die daraus resultierende Gefahr für Leib und Leben der Bewohner nicht zu kurz bemessen“. Das Gerichtet befindet mit „Blick auf die konkrete Gefährdung für Leib und Leben der Bewohner der Grundstücke durch die dort herrschenden baurechtswidrigen Zustände gibt es – unabhängig von der negativen Vorbildwirkung – eine besondere Dringlichkeit für die Unterbindung der Wohnnutzung.“

Unhaltbare Zustände für Bewohner

Bezirksstadträtin für Straßen, Grünflächen und Umwelt und Naturschutz, Dr. Claudia Leistner zur Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts: „Auf den betreffenden Grundstücken sind unhaltbare Zustände zu verzeichnen, welche ein Leben in gesunden Lebensumständen für die sich dort befindlichen Menschen fast unmöglich erscheinen lassen. Es ist daher – aus Sicht des Bezirksamtes – von herausragender Bedeutung, dass diesen Menschen der größtmögliche Schutz geboten und zeitgleich das rechtswidrige Handeln des Eigentümers schnellstmöglich unterbunden wird.“

Insbesondere bestätigte das Gericht, dass ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit durch Gefahren für Leib und Leben der Bewohner – darunter in einem Fall auch 15 Kinder – auf den Grundstücken begründet wird. 

Wohnen ist die größte soziale Frage dieser Stadt

„Im Mittelpunkt des bezirklichen Handelns stehen weiterhin die Bewohner der betreffenden Grundstücke. Der Schutz und die weitere Unterbringung der Menschen auf diesen Grundstücken muss gewährleistet sein. Vor einer Durchsetzung der Untersagung wird das Sozialamt Kontakt zu den Bewohnern aufnehmen und Hilfebedarfe ermitteln“, so Leistner. Sie begrüße jegliches Engagement für sozial bezahlbaren Wohnraum. Wohnen sei derzeit die große soziale Frage dieser Stadt.

„Der Berliner Wohnungsmarkt wird sich nur dann nachhaltig entspannen, wenn ausreichend bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird und die Mieter zeitgleich besser geschützt werden. In keinem Fall darf jedoch zugelassen werden, dass aufgrund von fehlendem Wohnraum Menschen in solch ungesunden Verhältnissen leben müssen“, sagt Leistner.

Text: red