Nach mehr als 100 Jahren ist für den Ferdinandmarkt in Lichterfelde-Ost bald Schluss: Das Immobilien-Unternehmen HGHI hat den Markthändlern zum 30. September gekündigt.
Von dem Schritt seien zwölf Markthändler betroffen, lässt die Bürgerinitiative Kranoldkiez-Lichterfelde wissen. Mit der Entscheidung mache die HGHI den Weg frei, den Ferdinandmarkt umbauen zu können.
Zum Hintergrund: Anfang des Jahres hat die HGHI Kranoldplatz GmbH einen Bauantrag für den Komplex Ferdinandstraße 31-35 eingereicht. Hinter dem Unternehmen steht der Immobilien-Investor und Einkaufscenter-Entwickler Harald Huth. Dieser will die Markthalle schließen und eine Zwischendecke für Büroflächen einziehen. Im Erdgeschoss sollen ein knapp 1.770 Quadratmeter großer Lebensmittel-Supermarkt sowie zwei weitere Märkte (663 und 439 Quadratmeter) Platz finden. Seit Bekanntwerden des Plans herrscht im Kranoldkiez und in weiten Teilen der Bezirkspolitik Aufruhr.
Gewachsenes Gewerbe
„Aus Profitgier – denn mit Büroräumen und Großmärkten sei mehr Geld abzuschöpfen – zerstört der Immobilienkonzern HGHI den Kranoldkiez in Lichterfelde Ost“, kommentiert Franziska Brychcy, die Vorsitzende der Linken in Steglitz-Zehlendorf, die Schließung des privat betriebenen Wochenmarktes. „Nun soll der stets gut besuchte Ferdinandmarkt, der hier vor Ort auch zentraler, sozialer Treffpunkt ist, den Umbauplänen von Harald Huth weichen. So werden aus reinem Verwertungsinteresse gewachsene und bisher gut funktionierende Gewerbe- und lokale soziale Strukturen zerstört.“
Das von der schwarz-grünen Zählgemeinschaft geplante Standortentwicklungskonzept, das innerhalb der nächsten drei Jahre erarbeitet werden soll, werde der „aggressiven Ankauf- und Entmietungsstrategie“ von Huth kaum etwas entgegensetzen. „Es braucht sofort einen Schutzschirm für den Kranoldkiez“, so Brychcy. Das Bezirksamt müsse zügig eine Sortimentsbeschränkung festsetzen, sodass Konkurrenz durch weitere Großverkaufsflächen für das vorhandene und ortsübliche Warenangebot ausgeschlossen werden kann. Brychcy kündigt Protestaktionen an.
Verkaufsfläche begrenzen
Auch in der Bezirksverordnetenversammlung ist man bemüht, den Umbau des Marktes zu verhindern. Dort wird aktuell ein Antrag der SPD beraten, wonach „Einzelhandel mit einer Verkaufsfläche von über 800 Quadratmetern in dem betroffenen Komplex an der Ferdinandstraße für die einzelnen Märkte nicht zu gewähren sei. Zuvor hatte die BVV das Bezirksamt in einem Beschluss aufgefordert, soweit rechtmäßig möglich, eine Ausweitung der Nutzung im Komplex Ferdinandstraße 31-35 zu versagen, insbesondere keine Ausweitung der Geschossflächen- und Grundflächenzahl über das baurechtlich Zulässige hinaus zuzulassen.
Datum: 27. Juni 2020, Text: NM/Redaktion, Bild: imago images/Stefan Zeitz