Das frühere „Union Film“-Gebäude ist heute eine Kreativschmiede. Bild: Martin Schwarz
Das frühere „Union Film“-Gebäude ist heute eine Kreativschmiede. Bild: Martin Schwarz

Ein Spaziergang durch den Nordwesten Neuköllns und das östliche Tempelhof ist eine Entdeckungstour zwischen Wohnsiedlungen und Gewerbegebieten.

Diese Erkundung soll auch dazu dienen, herausfinden, ob sich in einer Gegend mit viel Gewerbe und Verkehrsinfrastruktur reizvolle Wege finden lassen. Bilden Sie sich selbst eine Meinung! Start ist am U- und S-Bahnhof Hermannstraße, der nicht nur ein wichtiger Umsteigeort, sondern auch das Zentrum des Teils von Neukölln ist, der in den vergangenen Jahren – wie fast überall in der Innenstadt – eine starke Aufwertung erfahren hat. In der Hermannstraße pulsiert das multikulturelle Leben mit Fleischereien, Cafés, Bäckereien, Restaurants und unglaublich vielen Friseuren.

Kollektiv „Prinzessinnengarten“

Wir werfen einen Blick auf das Gelände des Neuen St.-Jacobi-Friedhofs, 1867 angelegt als Alleequartiersfriedhof, mit seiner mit gelben Ziegeln verblendeten Kapelle am Eingang. Dort ist seit einiger Zeit das Kollektiv „Prinzessinnengarten“ ansässig (Hermannstr. 99–105, Neukölln, www.prinzessinnengarten-kollektiv.net).

Früher am Moritzplatz beheimatet, nutzt dieses ökologische Projekt nun den Neuen St. Jacobi-Friedhof, auf dem nicht mehr bestattet wird, als Fläche für seine Projekte. Und: Man kann hier durchaus mitmachen. Aber Vorsicht: Der kerzengerade Weg auf dem Friedhof ist eine Sackgasse, man kommt nicht zur Oderstraße durch.

Deshalb nutzen wir die Warthestraße. In dieser gibt es rund um den hübschen Wartheplatz mit seiner verspielten Skulptur ansehnlich restaurierte Mietshäuser. Links befindet sich das soziale Projekt „Warthemahl“ (www.warthemahl.de) mit günstigem Mittagstisch. An der Oderstraße links ab, treffen wir auf das Vereinsgelände des SV Tasmania Berlin, Nachfolger des Vereins SC Tasmania 1900 Berlin.

Kreativschmiede und Freiluftkino

Vor ein paar Jahren musste man sich dort Sorgen machen, das Alleinstellungsmerkmal als „schlechtester jemals aus der 1. Bundesliga abgestiegener Fußballverein“ an Schalke 04 zu verlieren. Doch die Schalker blieben zum Glück ein wenig besser.

Die Oder- mündet in die Oberlandstraße, rechts gibt es viel Industrie. Bevor wir links in die Bärensiedlung abbiegen, lohnt sich ein Abstecher zur Oberlandstraße 26–35. Rund um das gelbe Gebäude befanden sich einst Studios der Berliner „Union Film“. Heute sitzt dort die Kreativschmiede „Atelier Gardens“, im Sommer gibt es Freiluftkino.

Die unter Denkmalschutz stehenden drei- bis viergeschossigen Gebäude der Bärensiedlung mit den adretten abgerundeten Balkonen wurden von 1929 bis 1931 nach Plänen von Gustav Hochhaus gebaut. Am Ende ist ein Rauschen zu hören: Dort flitzen Fahrzeuge auf der Stadtautobahn in den Britzer Tunnel, die Belüftungsanlage ist hochmodern. In der Grünanlage hinter der Autobahn gibt es einen Parcours für Mountainbikepiloten. Dort kann auch eine kurze Runde durch die Grünanlage unternommen werden.

Spaziergang über Autobahntunnel

Gegenüber beginnt der wenig spektakuläre Tempelhofer Weg, den wir bis zur Karl-Elsasser-Straße gehen und dieser dann bis zum rechteckigen, mit einem Spielplatz versehenen Friedrichsbrunner Platz folgen. Es ist eine ruhige Wohngegend, vorwiegend mit Altbauten. Über die Friedrichsbrunner Straße erreichen wir jenen Park, der nach dem Bau des Autobahntunnels angelegt wurde. Auch wenn man nichts davon merkt, es ist ein merkwürdiges Gefühl, zu wissen, dass unter einem die Autos verkehren.

Das hübsch angelegte Terrain mit Spielflächen, Kunstobjekten und Sitzmöglichkeiten leitet uns zu der dort beginnenden Hermannstraße. Nach links geht es durch den lebhaften Kiez zurück zum Ausgangspunkt: dem S- und U-Bahnhof Hermannstraße. Für die etwa fünf Kilometer lange Tour sollte man eine gute Stunde einplanen.

Text: Martin Schwarz