Standort des Gesundheitsamtes an der Blaschkoallee: Die Führungsebene wird personell verstärkt. Bild: IMAGO/Rolf Kremming
Standort des Gesundheitsamtes an der Blaschkoallee: Die Führungsebene wird personell verstärkt. Bild: IMAGO/Rolf Kremming

Das Gesundheitsamt Neukölln sorgte zuletzt mit chronischer Personalnot und einem konfliktreichen Abgang des Amtsarztes für Schlagzeilen. Mit einer Neuaufstellung der Chefetage soll das Haus aus der Krise kommen.

Anstelle von einem Amtsarzt wird das Gesundheitsamt Neukölln künftig von einer Verwaltungsleitung und einer Ärztlichen Leitung geführt. Das hat das Bezirksamt in dieser Woche beschlossen. „Mit einer klaren Aufteilung zwischen Organisation und Verwaltung einerseits und medizinisch-fachlicher Expertise andererseits will ich den hohen Erwartungen begegnen, die an ein modernes Gesundheitsamt gestellt werden“, so Bezirksstadträtin Mirjam Blumenthal (SPD) laut einer schriftlichen Mitteilung.

Die neue Verwaltungsleitung ist für Personal, Finanzen und die Organisation des Amtes zuständig. Die Ärztliche Leitung ist für die Sicherstellung des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben verantwortlich. Damit entfällt die bisherige Position eines Amtsarztes, dem beide Bereiche oblagen. Die Stelle der Verwaltungsleitung soll demnächst ausgeschrieben werden, so Bezirksamtssprecher Christian Berg.

Wachsende Zweifel

Die Frage nach der Arbeitsfähigkeit des Gesundheitsamtes genießt seit Beginn der Corona-Pandemie besondere Aufmerksamkeit. In letzter Zeit wuchsen die Zweifel. Amtsarzt Nicolai Savaskan wurde vor zwei Monaten von seinen Aufgaben entbunden und mit einem Hausverbot belegt.

Medienberichten zufolge strengt die Bezirksamtsspitze gegen ihn ein Disziplinarverfahren an, weil er interne Dokumente an die Presse weitergegeben haben soll. Bis zu einer Entscheidung wird seine Stelle nicht neu besetzt. Das bedeutet, dass noch unklar ist, wann aus einer erdachten auch eine tatsächliche Doppelspitze wird.

Drei weitere Führungskräfte des Gesundheitsamtes kündigten in den vergangenen Wochen. 20 von 165 Stellen sollen derzeit unbesetzt sein. Wie und wann diese Lücken gestopft werden sollen, ist unklar.

Große Herausforderungen

In jedem Fall wird die neue Leitungsebene vor großen Aufgaben stehen. Das sieht man auch im Bezirksamt so. „Der starke Nachholbedarf besonders bei der Digitalisierung setzt eine hochprofessionelle und starke Verwaltungsleitung im Gesundheitsamt voraus“, heißt es in der Mitteilung aus der Verwaltung.

Und weiter: „Covid-19 oder Affenpocken verdeutlichen die Notwendigkeit von bestens ausgebildeten Ärzten in den Gesundheitsämtern. Mit dem Beschluss auf Grundlage des Berliner Gesundheitsdienstgesetzes will das Bezirksamt damit den Schutz der Bevölkerung weiter ausbauen und verbessern.“

Blumenthal ergänzt: „Die Pandemie hat die Gesundheitsämter endlich auf die politische Agenda gesetzt. Nach vielen Jahren des Stillstandes wurde plötzlich deutlich, welche Bedeutung ihnen zukommt – und sie wurden personell und finanziell durch Bund und Länder gestärkt. Doch dieser Prozess stellt die wachsenden Ämter angesichts des Fachkräftemangels vor neue Herausforderungen. Gleichzeitig muss der öffentliche Gesundheitsdienst attraktiver werden.“

Text: Nils Michaelis