Kai ist obdachlos und verkauft das Straßenmagazin „Karuna Kompass“. Weil das in Corona-Zeiten immer schwieriger wurde, kann man bei ihm jetzt auch per QR-Code spenden.
Für viele Obdachlose fallen in der Pandemie sonst sichere Einnahmequellen, wie das Verkaufen von Zeitungen in vollen U-Bahnen oder das Sammeln von Flaschen, weg. Wenige finden Wege, um mit der ungewohnten Situation klarzukommen. Kai, der seit fünf Jahren in einem Obdachlosenheim in Grünau wohnt und das Straßenmagazin des Sozialvereins Karuna e.V. in der Spandauer Vorstadt verkauft, hat so einen Weg gefunden. Für Spenden und den Zeitungsverkauf setzt Kai jetzt auf digitale Optionen: Per QR-Code und PayPal kann man ihn unterstützen. „Einfach den Code von meinem Handy-Display mit dem eigenen Handy abfotografieren, dem Link folgen, die Spendensumme eintragen und abschicken. Das war’s“, erklärt der 38-Jährige, der seit 2007 in Berlin wohnt und nach vielen Jahren mit hartem Drogenkonsum endlich wieder Fuß in der Mitte der Gesellschaft fassen will.
Spenden per QR-Code oder Mail-Adresse
Auf dem Weg dorthin muss er aber erst einen riesigen Schuldenberg abbezahlen. Die Pandemie und der anhaltende Lockdown haben ihn vor zusätzliche Herausforderungen gestellt. „Seit der Corona-Pandemie habe ich viel weniger Zeitungen verkauft. Im Winter blieb mir nur noch ein Zehntel vom üblichen Geld. Das reichte einfach nicht mehr zum Leben“, sagt er. „Auch jetzt an den etwas wärmeren Frühlingstagen trifft man hier viel weniger Menschen und vor allem kaum Touristen“, erzählt er uns, als wir ihn in seinem Verkaufsgebiet am Hackeschen Markt treffen.
Die sonst voll besetzten Café- und Restaurant-Terrassen in der Spandauer Vorstadt sind allesamt geschlossen. „Da saß früher meine Kundschaft, der ich die Zeitung verkaufen konnte. 1,50 Euro pro verkauftem Exemplar durfte ich behalten. Da läuft aber im Moment nichts mehr“, sagt er. In den Parks und auf den Straßen in der Umgebung trifft er noch Nachbarn aus dem Kiez oder Berliner aus anderen Stadtteilen. Die unterstützen ihn auch weiterhin gerne. Und das seit einiger Zeit mit dem Bezahldienst und QR-Code, der nach einmaligen Einscannen immer wieder zum Spenden genutzt werden kann. „Immer mehr Menschen spenden mir etwas Geld auf diese Art“, erklärt er und präsentiert sein Handy-Display mit einer kleinen Liste im Zahlungsverlauf. „Da sind auch Leute dabei, die ich heute noch gar nicht getroffen habe. Die haben meinen E-Mail-Kontakt aber bereits abgespeichert, denken an mich und überweisen mir eine kleine Summe. Das hilft mir weiter“, sagt Kai, bevor er sich mit seinem Rad auf den Weg zurück in das knapp 20 Kilometer entfernte Grünau macht.
Datum: 29. April 2021, Text und Bild: Stefan Bartylla