Theaterintendant Martin Woelffer im Schiller Theater. Bild: Michael Petersohn (www.polarized.de)
Theaterintendant Martin Woelffer im Schiller Theater. Bild: Michael Petersohn (www.polarized.de)

Im Gegensatz zu vielen anderen Berliner Theatern macht die Komödie am Kurfürstendamm keine Sommerpause. Ab heute läuft hier die musikalische Komödie „Brauchen Sie ’ne Quittung?“. Theaterchef Martin Woelffer blickt auf eine ganz besondere Spielzeit im zweiten Coronajahr zurück.

Vom 27. Juli bis zum 7. August zeigt die Bühne der Komödie am Kurfürstendamm die Musikalische Komödie „Brauchen Sie ´ne Quittung?“ mit Anja Kruse und Ingolf Lück. Ab dem 13. August rollt Katharina Thalbachs „Orientexpress“ wieder. Eine Sommerpause macht das Theater – im Gegensatz zu vielen anderen Spielstätten – nicht. Für Tehaterchef Martin Woelffer war diese Spielzeit jedoch eine ganz besondere.

Planung war besonders schwierig

„Es war eine Spielzeit mit Höhen und Tiefen“, bilanziert Martin Woelffer die vergangene Theatersaison. „Besonders schwierig war die Planung, da nie wirklich klar war, wann was passiert. Durften wir zu Beginn der Saison das Theater nur zu 55 Prozent auslasten, so können wir jetzt wieder ohne Abstände platzieren. Galten zu Anfang noch strenge Hygienemaßnahmen, so ist es den Besuchern jetzt freigestellt, ob sie Maske tragen oder nicht. Wir beobachten, dass die Menschen sehr glücklich und dankbar sind, wieder ins Theater gehen zu können, auch wenn sich viele aus den unterschiedlichsten Gründen noch nicht recht trauen. Schmerzlich ist, dass wir in der Vergangenheit einige – auch ausverkaufte – Vorstellungen absagen mussten, weil sich Ensemblememitglieder mit Corona angesteckt hatten.“

Fast wieder auf Vor-Pandemie-Niveau

In der vergangenen Spielzeit hatte die Komödie eine Auslastung von 57,8 Prozent und bei 232 Vorstellungen 92.000 Besucher. Im Vorpandemiejahr 2019 hatte das Haus in 334 Vorstellungen 140.000 Besucher und die Auslastung lag bei 59 Prozent. „Und das bei über 1.000 Plätzen! Damals wie heute zählen wir zu den erfolgreichsten Sprechtheatern Berlins und sind fast wieder auf Vor-Pandemie-Niveau, was die Auslastung angeht. Allerdings fehlen uns Vorstellungen und dementsprechend wichtige Einnahmen. Wir finanzieren uns ja normalerweise zu 85 Prozent durch die Kartenverkäufe“, betont Woelffer.

Ukraine-Krieg und Inflation

Er musste feststellen, dass der Publikumszuspruch nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine deutlich nachgelassen hat. Woelffer glaubt, dass die hohe Inflation die Menschen verunsichert, hofft aber sehr, dass die Menschen im Herbst wieder mehr Lust auf Theater haben.

Die abgelaufene Saison beurteilt er – unter den gegebenen Umständen – positiv: „Katharina Thalbachs Inszenierung von ´Mord im Orientexpress´ hat sowohl Kritiker als auch das Publikum begeistert“, freut er sich. „ Die Vorstellungen waren restlos ausverkauft. Es war ein toller Saisonstart“, urteilt er.

Es folgten Wiederaufnahmen und Gastspiele und im Dezember die Premiere von „Schöne Bescherungen“. Das Weihnachtsmärchen hat Woelffer im vergangenen Jahr nur an den Wochenenden und nicht wie üblich auch an Werktagen gespielt, da er und sein Team bereits geahnt hatten, dass die Planung eines Theaterbesuchs für Kitas und Schulen schwierig sein würde. Zum Jahreswechsel 21/22 freuten sich zahlreiche Besucher über den „Kabarettistischen Jahrerückblick“.

Komödie mit ernstem Hintergrund

Im Februar 2022 fand die ursprünglich für den Januar geplante Premiere von „Der Chinese“ statt, eine Komödie mit ernstem Hintergrund, die danach fragt, was passiert, wenn populistische und nationalistische Kräfte weiter an Einfluss gewinnen und wirklich auch bei uns an die Macht kommen. Hierfür konnte Woelffer erstmals Henny Reents und Thomas Heinze als Schauspieler:innen an die Komödie verpflichten.

Ahnend, dass der diesjährige Sommer wegen der Pandemie schwierig werden könnte, hat sich Woelffer entschieden, für diese Zeit keine neuen Inszenierungen auf den Spielplan zu nehmen, sondern Wiederaufnahmen wie „Die Niere“ und „Rio Reiser – Mein Name ist Mensch“ sowie Gastspiele mit prominenten Persönlichkeiten wie Gayle Tufts, Bodo Wartke und Ulrich Tukur.

Für den kommenden Herbst plant die Komödie drei spannende Premieren: Den Anfang macht die Uraufführung von „Münchhausen“, eine Komödie nach der gleichnamigen Graphic Novel von Flix.

Umzug wahrscheinlich an den Potsdamer Platz

Nicht nur, dass er und sein Team im Herbst drei Premieren stemmen, nein, es steht ein erneuter Umzug für die Komödie an. Wahrscheinlich geht es für eine Übergangszeit ans Theater am Potsdamer Platz. Für die Werkstätten und die Probebühne ist dort allerdings kein Platz. Hierfür muss Woelffer noch eine Lösung finden.

Der Angriff Russlands auf das Nachbarland Ukraine hat den Theaterchef geschockt. Mit der Unterstützung der Initiatoren Ilja Richter und Walter Plathe ist es seinem Haus gelungen, spontan zwei Benefizgalas zugunsten der Ukraine zu organisieren. „Über 22.000 Euro Spendengelder konnten wir an ´Aktion Deutschland hilft´ überweisen“, freut sich der Theaterchef.

Kinder erleben Theater

Nicht unerwähnt lassen möchte er das Familienfest „Die irren Abenteuer des Alexander von Humboldt“. Der Verein Freunde und Förderer der Komödie am Kurfürstendamm e. V. hat hierfür ein Jahr lang mit Kindern aus schwierigen sozialen Verhältnissen zwischen 6 und 12 Jahren, die bisher keinen Zugang zum Theater gehabt hatten, geforscht, gelernt, gespielt, gefeiert, geprobt und ausprobiert.

„Unser Plan war, bei den Kindern das Interesse für Kunst und Wissenschaft zu wecken und zu fördern und die Liebe zum Theater mit ihnen zu teilen. Der ist aufgegangen“, ist er sich sicher. „Die Kinder sind vor 800 Menschen auf der großen Bühne des Schiller Theaters aufgetreten. Im Anschluss gab es ein großes Fest. Das ist für mich kulturelle Teilhabe“, unterstreicht er.

Für Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Zudem fand an seinem Haus zu Pfingsten erstmalig das „Comedy for Future-Festival“ statt, bei dem sich das Who-is-who der deutschsprachigen Comedy-Szene traf und über 50 Unterhaltungskünstler:innen ein humoristisches Zeichen für Nachhaltigkeit und Klimaschutz setzten.

Gemeinsam bunt

Vor Kurzem ging an der Komödie die Veranstaltung #GEMEINSAMBUNT über die Bühne, eine Initiative der Polizei Berlin, in deren Zentrum das Engagement für LSBTI-Personen steht. Woelffer bekräftigt: „Dieses Projekt unterstütze ich sehr gerne. Es macht mich stolz auf meine Heimatstadt, dass sich die Polizei Berlin für die LSBTI-Gemeinschaft einsetzt.“

Text: red