Modistin Susanne Gäbel formt individuellen Kopfschmuck

Eigentlich wollte Susanne Gäbel Rechtsanwaltsgehilfin werden. Zum Glück ist daraus nichts geworden. Denn auch im 20. Jubiläumsjahr ihres Ladens „Salon Hüte & Accessoires“ in der Mommsenstraße in Charlottenburg spürt man die Leidenschaft der Norddeutschen. Auch wenn es für die gelernte Modistin in Zeiten des Online-Handels nicht immer ganz leicht ist. Doch das Lachen lässt sich die Hutmacherin nicht nehmen.

Richtige Partnerin

„Im Durchschnitt arbeite ich sieben Tage die Woche. Und mache das gerne. Dann sitze ich hier in meinem Salon und bin zufrieden“, erzählt Gäbel und strahlt. Inspiration für ihre Hüte und Accessoires hat sie mehr als genug. Vor allem die 1920er-Jahre haben es ihr angetan. „Das war eine echte Hut-Zeit.“ Kein Wunder, dass die 49-Jährige auch bei Film- und Theatermachern die richtige Ansprechpartnerin ist, wenn es um diese Art Kopfschmuck geht. Ob die Berliner Bühnen, Festspiele in Baden-Baden, Theater Basel oder die erfolgreiche Fernsehserie „Babylon Berlin“ – Gäbel erfindet für jeden Kopf den passenden Hut.

Material modellieren

„Handgemachtes hat eben Qualität“, sagt sie. Und die braucht natürlich ihre Zeit. „In der Gesellenprüfung darf man sieben Stunden für einen Hut benötigen. Ich bin also etwa einen Tag beschäftigt.“ Denn ist der Hutrohling auf dem Holzkopf, beginnt die eigentliche Arbeit erst. Die Dampfmaschine und das Bügeleisen bestäuben den so genannten Stumpen aus Filz, Wolle oder auch Kaninchenhaar, damit sich das Material wie gewünscht modellieren lässt.

Jede noch so kleine Stelle wird von der Hutmacherin genau in Form gebracht. Zwischendurch sind immer wieder Trocknungszeiten erforderlich.Perfekte Kopfbedeckung. „Ein Hut verkauft sich nicht von allein“, erzählt Gäbel dabei, die um den hohen Wert einer guten Beratung weiß. Passionierte Hutträger gibt es nicht mehr so viele. Meist sind es Menschen, die sich spontan entschließen. „Der Hut ist oft das i-Tüpfelchen eines Outfits. Auch Bräute kommen vor ihrem großen Tag kurzfristig bei ihr vorbei und möchten die perfekte Kopfbedeckung. „Es ist meine Stärke auch in Zeitnot etwas Schönes für meine Kunden zu kreieren. Wenn es irgendwie geht, mache ich es möglich.“

Für Gäbel ist das Huthandwerk der „kleine Kuchen in der Modebranche“. Natürlich habe sie in den 20 Jahren auch mal übers Aufhören nachgedacht. „Aber mir fiel nichts Besseres ein“, meint sie und lacht herzhaft. Hüte sind ihre Passion. Beschweren möchte sich die Modistin auch nicht. Das passt nicht zu ihr. „Dieser Sommer war brillant: In England wurde geheiratet und wir hatten tolles Wetter.“ Der Nachahm-Effekt und der Wunsch nach Sonnenschutz machten die zurückliegende Saison zu einer guten.

Treue Kunden

Am liebsten mag die Hutmacherin ausdauernde Kälte. Denn im Winter wird die Kopfbedeckungshochphase eingeläutet. Gerade Männer, für die sie 2010 auf der anderen Straßenseite einen Extra-Salon eröffnete, seien treue und regelmäßige Saison-Einkäufer. Im Gegensatz zu den weiblichen Kunden komme der Durchschnittsmann gezielt zum Kaufen. Frauen bräuchten da ein paar Anproben mehr. Gibt es jemanden Speziellen, für den Susanne Gäbel am liebsten einmal einen Hut zaubern würde? „Jemand Prominentes? Nein. Ich mache das für alle Menschen, die das Handwerk, die Materialien und natürlich die Qualität zu schätzen wissen“, meint sie bescheiden. Dabei hat sich die Hutmacherin gerade dadurch längst einen Namen gemacht.

Datum: 31. Januar 2019 Text: Karin Reimold Bilder: Stefan Bartylla, Kathrin Harms