ERKUNDUNG Ein gemütlicher Spaziergang durch den Norden des Ortsteils, vorbei an hübschen Grünflächen und einer besonderen Markthalle
Moabit genießt immer noch nicht den allerbesten Ruf, dabei hat sich hier wie überall in Berlin in den vergangenen Jahren viel getan. Und auch hier im Norden des Ortsteils lässt es sich leben.
Überaus nett wird man südlich des S-Bahnhofs Beusselstraße empfangen: Zuerst mit dem „Freundlichen Späti“ und dann mit der „Freundlichen Bäckerei“. Gegenüber steht die Reformationskirche mit einer eindrucksvollen Statue am Eingang. Aktiv ist hier der Verein Reformations-Campus, kurz REFO, dazu gehören das Kirchgebäude, Kita, Wohnhäuser und auch Gemeinschaftsflächen (www.refo-moabit.de). Gleich dahinter, in der Wiclefstraße 32 liegt das im Kiez gut verankerte Theater X, am 5. November beginnt die neue Spielzeit (www.theater-x.com).
Hinter der Emdener Straße geht es rechts auf einen angenehmen Spiel- und Sportplatz, den man erkunden und hinten links zur Oldenburger Straße wieder verlassen kann. Gegenüber: die mächtige katholische Kirche St. Paulus. Die Waldenser Straße bringt uns zur Arminiusmarkthalle (Arminiusstr. 2-4, Moabit, allgem. Mo–Sa 8–22 Uhr, Gastronomie & Genusshandwerk: individuell ab 12–22 Uhr, Lebensmittel: Mo–Fr 8/10–20, Sa 8/10–18 Uhr, www.arminiusmarkthalle.com). Die von Hermann Blankenstein und August Lindemann 1890-91 erbaute Markthalle hat sich seit einigen Jahren zu einer vielseitigen Location gemausert, in der man gut essen kann – vom Fischhafenrestaurant bis zum Imbiss „Drei Damen vom Grill“. Aber auch der tägliche Einkauf ist hier möglich. Bei meinem Besuch präsentierten einige italienische Weinhändler ihr Sortiment, auch das gibt es hier. Ein besonderer Ort, der Kunden von überall anzieht.
Vom Otto- zum Unionpark
Man kann die Halle hinten wieder verlassen und kommt über die Bremer Straße zur Turmstraße. Hier steht links das prächtige Rathaus Tiergarten, erbaut 1935 bis 1937. Gegenüber befindet sich der kleine Ottopark, von dort geht es an der prächtigen Heilandskirche (erbaut 1892–1894) und dem dahinter liegenden U-Bahnhof Turmstraße zur Stromstraße. Sie gehen wir ein Stück Richtung Norden. Links führt die Bugenhagenstraße zur Wilhelmshavener Straße und die wieder zur Wiclefstraße. Hinter der Bremer Straße führt rechts ein Pfad in den wunderbaren Unionpark, mit vielen Spielplätzen und Bänken auf exakt 15.344 Quadratmetern, ein wenig in die Jahre gekommen und gerade deshalb schön. Mit dem Sportverein Union Berlin hat er nichts zu tun, sondern bezieht sich auf die „Protestantische Union“, ein Zusammenschluss aus protestantischen Fürsten und Städten Anfang des 17. Jahrhunderts. Dennoch hat dieser Umstand einen glühenden Fan von Hertha BSC nicht davon abgehalten, ein Schild „Unionstraße“ mit dem Aufkleber „Hertha-Zone“ zu überkleben.
Vom nördlichen Ende des Unionparks geht es nach links. Gegenüber befindet sich nicht nur das Gelände des Zentrums für Kunst und Urbanistik (ZK/U), „ein Ort der Kunstproduktion, eine Künstler:innen- und Forscher:innen-Residenz und eine Programmplattform“ (www.zku-berlin.org), sondern auch eine Grünfläche. Über ein paar Stufen kann man hinter dem ZK/U einen Blick auf eines der Speichergebäude des Westhafens erhaschen. Der Westhafen selbst ist Betriebsgelände und darf nur von autorisierten Menschen betreten werden. Über die Siemens- und Quitzowstraße geht es eine Treppe hinauf zur Putlitzbrücke. Dort steht seit 1987 das Deportationsmahnmal Putlitzbrücke, das an Deportationen von jüdischen Mitbürgern während des Naziterrors erinnert. Dahinter liegt der S-Bahnhof Westhafen, an dem unsere Erkundung endet. Für die knapp 4 Kilometer lange Strecke sollte man um die anderthalb Stunden einplanen.
Text: Martin Schwarz


