Der beliebte Biergarten Schleusenkrug. Bild: MS
Der beliebte Biergarten Schleusenkrug. Bild: MS

ERKUNDUNG Dieser Spaziergang hat alles: spannende Gebäude, jede Menge Berliner Geschichte, die Spree und den Landwehrkanal

Diese Tour ist besonders, verbindet sie doch interessante ­Architektur mit viel Berliner Historie. Los geht’s am S-Bahnhof Tiergarten. Unter der S-Bahn hindurch erreichen wir die Klopstockstraße und sind im Hansaviertel. Ein besonderer Bereich der Stadt, durften doch nach dem Zweiten Weltkrieg 53 Architekten aus 13 Ländern hier ihr Können demonstrieren. Innerhalb der Internationalen Bauausstellung „Interbau“ 1957 wurden so etliche ungewöhnliche der ab 1953 geplanten Gebäude bis 1960 errichtet. So entstand sozusagen ein Spielplatz der Moderne, durch den wir uns begeben. Vom Flachbau bis zum 17-Geschösser ist hier alles vertreten.


Es würde nun den Rahmen sprengen, alle Gebäude und ­Architekten aufzuzählen, an der Klopstockstraße gibt es eine Übersichtskarte. Spannend ist das von Walter Gropius konzipierte gebogene Hochhaus zu Beginn der Händelallee oder die Kaiser-Friedrich-Gedächtnis-Kirche etwas weiter hinten, die von der Seite viel schöner ist als von vorne.

Man lasse die Bauten auf sich wirken, bestaune Details und wundere sich über abweisend wirkende Flachbauten. Von der Händelallee sollte man in der Linkskurve kurz abweichen, um das interessante Eternithaus zu begutachten, dann geht es aber zurück zur Klopstockstraße und über die Altonaer Straße zum U-Bahnhof Hansaplatz und zum Grips Theater – seit Jahren ein Garant für erstklassiges Kinder- und Jugendtheater.

Zwischen Spree und Schlossgarten Bellevue

Die Bartningallee gehört ebenfalls zum Ensemble, sie bringt uns zur Akademie der Künste (AdK), bekannt für interessante Kulturveranstaltungen. Hinter dem Parkplatz der AdK führt ein Pfad zu einem Spielplatz, der Weg nach links bringt uns zum Bellevueufer. Zwischen der Spree und dem Schlossgarten Bellevue verläuft dieser herrliche Weg, der zum Schloss Bellevue führt, Sitz des Bundespräsidenten. Doch Herr Steinmeier muss 2026 in ein Ausweichquartier umziehen, das marode Schloss, erbaut ab 1785, muss generalsaniert werden. Hinter dem ovalen Bundespräsidialamt führt rechts ein Spazierweg am Bismarck-Nationaldenkmal vorbei zum Teehaus mit dem Englischen Garten. Doch ach: Das Reetdach des altehrwürdigen Hauses ist im September 2024 in Flammen aufgegangen. Wie der „rbb“ ­berichtet, plant der Bezirk ­Mitte, das schöne Gebäude wieder aufzubauen.

Wir erreichen den Großen Stern mit der Siegessäule. Die 67 Meter hohe Säule mit der Viktoria, genannt „Goldelse“, stand nicht immer hier, sondern vor dem Reichstag und wurde erst 1938 hierher versetzt. Sie erinnert an die drei gewonnenen Kriege, dem Deutsch-Dänischen Krieg (1864), den Deutschen Krieg (1866) und den Deutsch-Französischen Krieg (1870/71). Wer die 285 Stufen bis zur Aussichtsplattform erklimmen will, erreicht die Säule über einen Tunnel an der Straße des 17. Juni (Sommer: 9.30–19 Uhr, Winter: 9.30–17.30 Uhr, Erwachsene 4,50, erm. 3,50 Euro). Der Sockel ist mit vier Reliefs verziert.

Kaum vorstellbar, dass die hier beginnende Fasanerieallee mal eine vielbefahrene Straße war. Heute kann man Richtung Landwehrkanal auf zwei Trassen entspannt spazieren und sowohl am Ein- als auch am Ausgang vier sehr archaisch wirkende Jagdskulpturen bestaunen. Wir streifen das ­beliebte Café am Neuen See (Lichtensteinallee 2, Tiergarten, Tel. 25 44 93 21, Mo–So 9-24 Uhr, Küche bis 23 Uhr, Bier­garten: bei schönem Wetter Mo–Fr ab 12, Sa+So ab 11 Uhr, www.cafeamneuensee.de). Ob Frühstück oder Dinieren, hier ist man gut aufgehoben.

Zwei Stege über den Kanal

Vor uns: der Zoologische Gartens. Der linke der beiden ­Stege gehört zum Zooterrain, der rechte bringt uns zu jenem Weg am Wasser, der uns nach rechts zur Unterschleuse bringt. Aber Achtung: Dieser wird abends ab 18.30 (Wochenende: 19.30 Uhr) verschlossen. Links kann man immer wieder Tiere des Zoos sehen. Vor uns: der Schleusenkrug, ein beliebtes Lokal mit großem Biergarten. Das 1954 eröffnete Etablissement hat soeben auf Winteröffnungszeiten umgestellt: tägl. 11–18 Uhr (www.schleusenkrug.de). Rechts geht es über die Frei­archenbrücke und vorbei an der Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau über den Landwehrkanal.

Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt S-Bahnhof Tiergarten passieren wir das Gaslaternen-Freilichtmuseum, das allerdings schon glanzvollere Zeiten erlebt hat – viele Laternen sind kaputt. Für die knapp 5 Kilo­meter lange Tour sollte man zwei Stunden einplanen, denn es gibt viel zu sehen.

Text: Martin Schwarz

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