Margret G.* lebt in Marzahn in einem Plattenbau im 8. Stock. Nach mehreren Krankheiten und Operationen ist sie auf einen Rollstuhl und damit auch auf den Aufzug im Haus angewiesen. Seit Anfang März ist der Fahrstuhl kaputt – und ein Schreiben ihres Vermieters kündigt nun an, dass dieser Schaden noch mindestens weitere acht Wochen anhalten wird.
Zu Margret G. kommen Pfleger und Haushaltshelfer – sie selbst mag es sehr, mit dem Rollstuhl ein wenig draußen unterwegs zu sein, Kleinigkeiten einzukaufen oder einfach die frische Luft zu genießen. Doch seit rund neun Wochen bleiben ihr gerade diese kleinen Lebensfreuden verwehrt.
„Keine Meldung an die Mieter“
Eine Info der „Deutsche Wohnen“ gab es seit vielen Wochen nicht“, sagt Margret G. – es habe weder einen Aushang, einen Brief oder eine andere Meldung für die Mieter gegeben.
Stattdessen wurde in jedem Stockwerk ein Klappstuhl an die Wand montiert. „Der hält allerdings nur wenig Gewicht, einige der Stühle sind schon zusammen gebrochen“, berichtet die Seniorin.
„Schlimm finde ich, dass die Deutsche Wohnen davon ausgeht, dass jeder Mensch in diesem Haus überhaupt die Möglichkeit hat, eine Treppe zu benutzen. Hätte meine Großmutter keine anderen Kontakte, wäre es ihr nicht möglich gewesen, z.B Lebensmittel zu kaufen, geschweige denn ihre Wohnung zu verlassen.
Im schlimmsten Fall wäre sie am schlechten Umgang von Deutsche Wohnen mit den Bewohnern verendet“, berichtet Enkelin Tanja, die sich mit anderen Verwandten um die Versorgung von Margret G. kümmert.
Nach neun Wochen Lift-Ausfall kam jetzt endlich ein erster Mieterbrief mit der Meldung, dass der Aufzug noch mindestens weitere acht Wochen nicht funktionieren wird.
Das Berliner Abendblatt erkundigte sich bei der Deutschen Wohnen zu dem Vorfall und erhielt ausgiebige Informationen.
Die Angebote der Deutsche Wohnen
Eine dauerhafte Störung der Aufzuganlage in der Lea-Grundig-Straße 18 gäbe es demnach seit dem 3. März. „Nach eingehender Prüfung wurde … entschieden, dass die Fahrstuhlanlage komplett ausgetauscht werden muss“, erklärt Unternehmenssprecherin Alexandra Jeserick.
Ersatzteile fehlen wegen Ukraine-Krieg
Die Deutsche Wohnen plane ohnehin, sukzessive alle Aufzüge im Gebäudekomplex Lea-Grundig-Straße zu erneuern. „Die Nummer 18 ziehen wir aufgrund des Störfalls nun bewusst vor. Allerdings kommt es auch hier zu Lieferengpässen durch den Ukraine-Krieg, die sich auf die gesamte Zeitplanung auswirken und voraussichtlich keinen früheren Beginn ermöglichen“, so Jeserick.
Lesen Sie dazu bitte auch: Marzahner Hochhäuser feiern Jubiläum
Hilfestellung würde die Deutsche Wohnen insbesondere für die älteren Mieter auf Nachfrage in Form von Einkaufshilfe und Unterstützung bei Arztbesuchen anbieten. Die temporär in den Treppenhäusern angebrachten Klappstühle seien darüber hinaus als weiteres Angebot gedacht. Vorfälle oder Brüche an den Sitzen seien der Deutschen Wohnen nicht bekannt.
Alle Mieter der höheren Stockwerke hätten zudem die Möglichkeit, den Aufzug im Nebenhaus zu nutzen. Von der Hausnummer 16 – der Schlüssel passe auch zum Durchgang im 9. Obergeschoss sei ein Zugang von Nummer 18 aus und damit zu einem Fahrstuhl möglich.
„Uns sind die Einschränkungen bewusst, die durch den Ausfall der Fahrstuhlanlage entstehen. Wir bedauern sehr, dass wir aufgrund der Gesamtsituation zu keinem schnelleren Ergebnis kommen können“, erklärt die Unternehmenssprecherin. Man sei seit dem Störungsbeginn Ende Februar im ständigen Austausch und informiere regelmäßig zum aktuellen Sachstand.
Keine große Hilfe
Margret G. helfen die Angebote der Deutschen Wohnen nur wenig. „Der Fahrstuhl im Nebenhaus ist ein Stockwerk über meiner Wohnung. Auch da komme ich mit dem Rollstuhl gar nicht mehr ran. Das Klettern über eine Stockwerktreppe ist für mich fast unmöglich“ sagt die Seniorin. Für ihren 86-jährigen Hausnachbarn bringt der Durchgang noch viel weniger. Der wohnt in der 4. Etage und hat gar keine andere Möglichkeit, als in seinem hohen Alter alle Treppen zu nutzen.
Auch die Nachbarin mit den Zwillings-Babys stehe seit zwei Monaten vor enormen Problemen. Und das seien gerade mal drei Beispiele zu fast vierzig Mietparteien im gesamten Haus. Seniorin Margret G. ist verzweifelt. Sie möchte wieder Kleinigkeiten einkaufen und öfter die frische Luft draußen genießen
Text: Stefan Bartylla