Ukrainische und deutsche Partner und Behörden haben sich zusammengetan, um ein authentisches Stück der Tragödie der Stadt Butscha auszustellen. Bild: IMAGO/Stefan Zeitz
Ukrainische und deutsche Partner und Behörden haben sich zusammengetan, um ein authentisches Stück der Tragödie der Stadt Butscha auszustellen. Bild: IMAGO/Stefan Zeitz

Eine ukrainisch-deutsche Ausstellung am Kurfürstendamm warnt vor den Schrecken des Krieges.

„Testament of Bucha“ heißt eine Kultur- und Bildungsprojekt, das am 22. August auf dem George-Grosz-Platz am Kurfürstendamm in Charlottenburg eröffnet wurde und bis zum 15. September zu sehen ist.

Ukrainische und deutsche Partner und Behörden haben sich zusammengetan, um ein authentisches Stück der Tragödie der Stadt Butscha (englische Transkribtion: Bucha)  auszustellen. Bei dem Exponat handelt es sich um ein verbranntes Auto, in dem vier Zivilistinnen bei einem russischen Angriff ums Leben kamen. Eine Reihe von Videos unabhängiger ukrainischer Medien und Journalisten erzählen die Geschichte der Opfer

Realität des Krieges

Das ukrainisch-deutsche Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, die Aufmerksamkeit der deutschen und europäischen Gesellschaft auf die Ereignisse in der Ukraine zu lenken. „Die Szene dieses zerstörten Autos steht im Kontrast zur geordneten Umgebung des Kurfürstendamms und konfrontiert so die Besucher mit der Realität des Krieges und dem täglichen Kampf der Ukrainer“, heißt es aus dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf.

Das Projekt wurde von Andriy Radnyuk und Roman Semenyshyn-Braescu initiiert und präsentiert. Beide sind Ukrainer und traten zu Beginn des Kriegs in die Reihen der Territorialverteidigung ein, um ihre Heimat zu schützen. Sie sind bereit, ihre Erfahrungen und ihr Verständnis für die Konfliktsituation weiterzugeben.

Schirmherr Andriy Melnyk (2.v.r.) kam am Montag zur Eröffnung des Kunstprojektes am Kurfürstendamm. Bild: IMAGO/Stefan Zeitz
Schirmherr Andriy Melnyk (2.v.r.) kam am Montag zur Eröffnung des Kunstprojektes am Kurfürstendamm. Bild: IMAGO/Stefan Zeitz

„Wir tragen die Folgen des Krieges nach Berlin, damit die Besucher der Installation verstehen, was unser Land durchgemacht hat und immer noch durchmacht“, so Andriy Radnyuk. „Wir möchten die Erfahrungen der Ukraine weitergeben, damit sich die Tragödie von Bucha nirgendwo anders ereignet. Denn jeder und jede hätte in diesem Auto sitzen können.“

Für die beiden Initiatoren sei es wichtig, ein authentisches Erlebnis zu schaffen und die Fakten über den Krieg zu erzählen, ohne dass die russische Propaganda eingreife.

Erinnerung an die Opfer

Während der russischen Besetzung von Butscha versuchten die 53-jährige Tamila Mishchenko, ihre 14-jährige Tochter Hanna Mishchenko sowie zwei weitere Frauen aus Butscha zu fliehen. Noch in der Stadt stießen sie auf russische Schützenpanzer und wurden getötet. In einem ergänzenden Video spricht Tamilas älterer Sohn Yevgeniy Mishchenko über die Reise seiner Mutter und seiner Schwester.

Die Massaker in Butscha sind zum Symbol für die Verbrechen und Gräueltaten an der Zivilbevölkerung der Ukraine geworden. „Das zerbombte Auto, das auf die Straßen Berlins gebracht wird, ist ein wichtiges Artefakt und ein Zeuge dieser schrecklichen Ereignisse“, so das Bezirksamt. Ereignisse, die sich auch in anderen europäischen Städten zutragen könnten, wenn der Krieg in der Ukraine nicht gestoppt wird. Die Tatsache, dass dieser Krieg nebenan stattfindet, ist eine der Schlüsselbotschaften von „Testament of Bucha“.

In Berlin findet das Projekt von Oleksandr Shpak, Balletttänzer am Staatsballett Berlin, Produzent der Benefiz-Gala „Ballet for Life by Iana Salenko“ und der Regnum Legis gGmbH in Zusammenarbeit mit der Abteilung Ordnung, Umwelt, Straßen- und Grünflächenamt des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf statt. Schirmherr ist der scheidende Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andriy Melnyk.

Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger: „Diese Ausstellung wird Diskussionen auslösen. Kann man den Frieden unseres Stadtbildes, die Atmosphäre unseres Boulevards durch ein grausames Kriegsdokument bewusst brechen. Müssen wir uns solche Bilder, solche direkte Konfrontation mit Krieg und Gewalt zumuten. Ich sage, ja das müssen wir tun.“

Der Krieg in der Ukraine verlange nach einer breiten politischen Diskussion über die Folgen für „unser Selbstverständnis“ als große europäische Nation, so der Grünen-Politiker. Diese Ausstellung ist ein Beitrag in dieser Diskussion.

Die Ukrainische Kulturgemeinschaft (UCC) hat sich mit dem Projekt zusammengetan, um Kunst des getöteten, 14-jährigen Mädchens Hanna zu präsentieren und zu verkaufen. Das gesammelte Geld wird den Familienangehörigen der Opfer in der Ukraine zur Verfügung gestellt.

Dazu Anastasia Pasechnik und Borys Artukovych von der Ukrainischen Kulturgemeinschaft (UCC):  „Niemand der den Krieg in der Ukraine vergessen oder ignorieren. Als das Projekt ,Testament von Bucha’ aufkam, konnten wir nicht untätig bleiben, denn es ist ein Fenster zur Realität der heutigen Ukraine. Es ist eine schmerzhafte Erinnerung an die Folgen des Kriegs: der Tod unschuldiger Menschen, das zerstörte Leben ihrer Angehörigen, zerstörte Städte und eine weltweite Tragödie.“

Text: red/nm