«Das Beste für Berlin» ist der Titel des Koalitionsvertrags, den CDU und SPD gemeinsam unterschrieben haben. (Archivbild)
«Das Beste für Berlin» ist der Titel des Koalitionsvertrags, den CDU und SPD gemeinsam unterschrieben haben. (Archivbild) Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin (dpa/bb) – Seit zwei Jahren regiert in Berlin eine Koalition aus CDU und SPD. «Das Beste für Berlin» lautet der Titel des Koalitionsvertrags, den beide Parteien damals unterschrieben haben. Der Start war allerdings holprig. Schon bei der Wahl zum Regierenden Bürgermeister am 27. April 2023 lief für CDU-Landeschef Kai Wegner nicht alles rund: Erst im dritten Wahlgang bekam er die nötige Mehrheit. Leichter ist es seitdem nicht geworden.

«Lassen Sie uns einfach mal krass machen»

Wegner hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es dem neuen Senat ums Machen gehe, ums Anpacken und nicht ums lange Diskutieren. Als seinen neuen Leitspruch nannte er bald nach Amtsübernahme «Machen ist wie wollen – nur krasser». Seine Forderung: «Lassen Sie uns einfach mal krass machen.»

Doch das ist schwieriger als gedacht. Diese Erfahrung hat die schwarz-rote Regierungskoalition gleich mehrfach machen müssen. Aktuell kommt hinzu, dass sich CDU und SPD bei der Frage in den Haaren liegen, ob Unternehmen ab 2028 eine Abgabe zahlen sollen, wenn nicht genügend zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden. So war es im Koalitionsvertrag vereinbart – dennoch sorgt das Thema für Stress zwischen beiden Parteien.

Auch anderswo hat Schwarz-Rot Baustellen:

Görlitzer Park:

Wegner und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) waren sich schnell einig, Drogenhandel und Kriminalität im Görlitzer Park in Kreuzberg einzudämmen – unter anderem durch eine Umzäunung, nächtliches Abschließen und Videoüberwachung. Der Zaun solle spätestens Anfang 2024 stehen, sagte Wagner im Herbst 2023.

Bisher hat sich wenig getan. Der Bezirk hält das Konzept für falsch. Die Bauarbeiten für den Zaun, 16 Stahltore und acht große Drehkreuze sind inzwischen für Juni angekündigt. Eine Protestinitiative hat allerdings mitgeteilt, sie habe bereits Drohbriefe an Baufirmen verschickt. Das Ziel ist, den Zaunbau zu verhindern, zur Not mit zivilem Ungehorsam.

Termine beim Bürgeramt:

Auch hierbei hat sich Wegner weit aus dem Fenster gelehnt. Termine innerhalb von höchstens zwei Wochen stellte er zu Beginn seiner Amtszeit in Aussicht: «Wir werden das in diesem Jahr erreichen», sagte er. Aber daraus wurde nichts.

Im vergangenen Sommer schlug er vor, in den Bürgerämtern einen Tag in der Woche einzuführen, an dem kein Termin nötig sei. Bei seiner «Sommerpressekonferenz» im August sagte er, die Online-Anmeldung des Wohnsitzes könne ein Gamechanger für die Terminsituation werden und räumte gleichzeitig ein: «Die Dinge dauern ehrlicherweise manchmal auch zu lang.»

Die Online-Anmeldung gibt es seit Mitte Oktober, Termine innerhalb von 14 Tagen noch nicht ohne Weiteres.

Haushalt:

Wahlversprechen und deren Umsetzung kosten Geld, viel Geld. Und das ist in Berlin offenbar nicht mehr in dem Umfang vorhanden wie in den vergangenen, vergleichsweise fetten Jahren – was den Handlungsspielraum der Koalition deutlich einschränkt.

Der Landeshaushalt wurde nach dem Befund von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) über die Jahre aufgebläht auf zuletzt um die 40 Milliarden Euro. Das im Vorjahr von CDU und SPD beschlossene Sparprogramm umfasst allein für 2025 drei Milliarden Euro.

Viele Empfänger öffentlichen Geldes etwa im Sozialbereich oder der Kultur liefen dagegen Sturm – am Ende vergeblich. Wie genau das Streichkonzert im Doppelhaushalt 2026/ 2027 weitergeht, ist offen. Zündstoff für das Wahljahr 2026 ist wohl garantiert.

Verwaltungsreform:

Von Anfang an ehrlich bemüht war Wegner beim Thema Verwaltungsreform. Sein Ziel: klare Zuständigkeiten und klare Aufgabenverteilung zwischen Senat und Bezirken. Das wollten vor ihm schon viele, sind aber nicht weit gekommen.

Wegner hat das Thema früh zur Chefsache erklärt, Linke und Grüne mit ins Boot geholt, auf die er bei möglichen Änderungen der Landesverfassung angewiesen ist, und die CSU-Politikerin Martina Klement zur Staatssekretärin für Verwaltungsmodernisierung gemacht.

Ganz durch ist das Thema noch nicht, aber immerhin hat der Senat am 1. April ein Gesetzespaket und einen Vorschlag für die damit verbundenen Verfassungsänderungen beschlossen. Das Abgeordnetenhaus muss darüber noch abstimmen. Anfang 2026 soll die Reform dann umgesetzt sein.

Wohnungsmangel:

Das selbst gesteckte Ziel von jährlich durchschnittlich 20.000 neuen Wohnungen in Berlin hat der Senat bisher nicht erreicht. 2024 waren es gut 15.000. Dass es schon bald rasant mehr werden, ist nicht zu erwarten.

Immerhin hat das Landesparlament im Dezember das Schneller-Bauen-Gesetz vorgelegt, für das maßgeblich Bausenator Christian Gaebler (SPD) verantwortlich zeichnet. Dadurch sollen Fristen verkürzt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Die Opposition kritisiert, das Gesetz führe nicht zu schnellerem Bauen. Bisher hat sie recht behalten.

Koalitionskrach

Zwei Jahre lang hat Schwarz-Rot weitgehend ohne großen öffentlichen Zoff regiert. Ausgerechnet kurz vor dem Jahrestag ist die Stimmung zwischen den beiden Regierungsparteien auf dem Tiefpunkt angekommen. Der Streit um die Ausbildungsabgabe für Unternehmen, die Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) nun mit einem Gesetz vorbereiten will, ist dafür nur ein Symptom.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh nannte Wegners ablehnende Äußerungen dazu deplatziert. Und er warf der CDU eine «einseitige und unbegründete Blockadehaltung» vor, die die ernsthafte Frage aufwerfe, wie die Koalition den Sorgen und Wünschen der Berlinerinnen und Berliner bei den großen Fragen gerecht werden wolle. Starke Worte. Sie klingen so, als könnte die Zeit bis zur Abgeordnetenhauswahl, die voraussichtlich im Herbst 2026 stattfindet, für Schwarz-Rot eher ungemütlicher werden als die ersten zwei Jahre.