Die Polizei ermittelt zu einem Brandanschlag auf Strommasten in Berlin.
Die Polizei ermittelt zu einem Brandanschlag auf Strommasten in Berlin. Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin (dpa) – Kaffee kochen? Geht nicht. Noch schnell das Hemd fürs Büro bügeln? Geht ebenfalls nicht! Tausende Berliner müssen auch am Mittwoch ohne Strom auskommen – und das voraussichtlich den gesamten Tag über. Kühlschränke bleiben aus, das Licht ebenso, Tiefkühlware verdirbt. Und in vielen Haushalten bleibt am Morgen auch das Duschwasser kalt. 

Nach dem Brandanschlag auf Starkstromkabel waren am späten Dienstagabend noch rund 25.000 Haushalte vom Stromausfall betroffen. Stromnetz Berlin richtet sich darauf ein, dass erst im Verlauf des Donnerstags alle Kunden wieder mit Energie versorgt werden. Nachdem in der Nacht Baugruben ausgebuddelt werden sollten, stehen für den heutigen Tag Kabelarbeiten an. 


Ermittlungen dauern an

Bei der Polizei gehen derweil die Ermittlungen zu den Hintergründen des Brandanschlags weiter. Das Landeskriminalamt (LKA) prüft ein Bekennerschreiben, das auf der linksradikalen Internetseite «Indymedia» veröffentlicht wurde. In dem Text hieß es, der Anschlag richte sich gegen den Technologiepark Adlershof. «Den technologischen Angriff sabotieren – dem militärisch-industriellen Komplex den Saft abdrehen.» Unterzeichnet wurde das Schreiben mit: «Einige Anarchist:innen». 

«Ich verurteile es aufs Schärfste, dass man so respektlos mit Leben anderer umgeht», sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD). «Es geht hier auch um Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Wir haben Menschen, die sind darauf angewiesen, dass ihnen jeden Tag Hilfe zukommt.» An die mutmaßlichen Täter gerichtet sagte sie: «Wir kriegen euch!»

Der Einsatz von Feuerwehr und Polizei begann am Dienstagmorgen um 3.30 Uhr. Die Täter hatten mit Hilfe eines sogenannten Brandbeschleunigers, also etwa Benzin, am Fuß von zwei großen Strommasten nahe einem Wohnviertel mit Einfamilienhäusern und viel Grün am Königsheideweg Feuer gelegt. Die Flammen zerstörten mehrere dicke Starkstromleitungen. Eine Stunde brauchten Feuerwehrleute, um den Brand zu löschen.

Stromnetz Berlin ruft zum Stromsparen auf

Laut Stromnetz Berlin waren zunächst 50.000 Haushalte und Gewerbekunden in Johannisthal, Bohnsdorf, Niederschöneweide, Grünau, Adlershof, Altglienicke und umliegenden Ortsteilen ohne Strom. Am Dienstagmorgen konnten 14.000 Kunden wieder versorgt werden, am späten Nachmittag hatten einige weitere Kunden wieder Strom. Rund 25.000 Haushalte brauchen aber noch Geduld.

Haushalte, die wieder Strom haben, wurden aufgerufen, ihren Verbrauch möglichst niedrig zu halten. «So können wir die Stromversorgung stabil halten und – wenn technisch möglich – weitere Kunden wieder mit Strom versorgen», teilte Stromnetz Berlin mit. «Verzichten Sie möglichst auf die Nutzung von Staubsaugern, Waschmaschinen, Geschirrspülern, Backofen oder sonstigen energieintensiven Geräten.» Mehr als zehn Schulen bleiben am Mittwoch wegen des Stromausfalls geschlossen.

Vorsicht beim Umgang mit Kerzen – Notfälle vermeiden

Da teilweise auch die Notrufe 110 und 112 gestört waren, wurden 15 Notrufannahmepunkte eingerichtet. Auch von den Fahrzeugen der BVG aus könnten Notrufe abgesetzt werden. Die Polizei forderte dazu auf, sich in dringenden Notfällen alternativ direkt an die nächstgelegene Wache zu wenden. 

Außerdem warnte sie: «Kochen Sie niemals mit dem Grill oder Campingkochern in geschlossenen Räumen. Vorsicht beim Umgang mit Kerzen. Lassen Sie diese zu keinem Zeitpunkt unbeaufsichtigt. Nutzen Sie, wenn möglich, Taschenlampen.» 

Täter wollten laut mutmaßlichem Bekennerschreiben Technologiepark treffen

Die mutmaßlichen Täter schrieben im Internet: «Zwei 110KV Strommasten in der Königsheide in Johannisthal wurden durch Brandstiftung der Saft abgedreht und damit ein Blackout im Technologiepark verursacht.» Dort seien Firmen und Forschung aus den Bereichen IT, Robotik, Bio- & Nanotechnologie, Raumfahrt, KI, Sicherheits- und Rüstungsindustrie vertreten. 

In dem ausführlichen Text wurden auch mehrere bekannte Firmennamen erwähnt. Dazu hieß es, jedes denkbare Geschäftsmodell dieser Hightech-Industrie fungiere auf die ein oder andere Weise systemstabilisierend und sei unter anderem ein Produkt militärischer Interessen. Zugleich wurden die vom Stromausfall betroffenen Anwohner von den Autoren um Nachsicht gebeten. 

Erinnerungen an Stromausfall in Köpenick 2019

Ein Sprecher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sagte der dpa: «Es gab bei uns in Adlershof einen Stromausfall, aber wir verfügen über die notwendigen technischen Einrichtungen, um die Stromversorgung des DLR weiterhin sicherzustellen.» Auch bei Siemens Mobility gab es nur geringe Einschränkungen.

Nach Angaben der Stromnetz-Betreiber ist der Fall vergleichbar mit einer Störung 2019 in Köpenick. Damals war ein Kabel bei Bauarbeiten beschädigt worden. Der Stromausfall traf mehr als 30.000 Haushalte und 2.000 Gewerbebetriebe und dauerte rund 30 Stunden.