– Meinung –
Kolumne: Der Journalist und Publizist Roland Tichy über den Mangel an Pflegekräften, Einwanderung und unseren Bürokratiedschungel.
Lassen Sie uns heute über ein Problem sprechen, das jeden von uns betrifft: den Mangel an Pflegekräften. Die Heime sind unterbesetzt, Pfleger teuer. Das wird angesichts der Alterung der Gesellschaft noch zunehmen. Im Vergleich zu heute braucht Deutschland bis 2055 etwa 37 Prozent mehr Pfleger, wie das Statistische Bundesamt vorrechnet. Das entspricht etwa 370.000 zusätzlichen Pflegern, ein kompletter Berliner Bezirk. Immerhin 52.100 Menschen haben 2022 eine Ausbildung zum Pflegefachmann begonnen – 4.100 weniger als noch im Jahr davor oder ein Rückgang von sieben Prozent: Also weniger statt der benötigten zusätzlichen Pflegekräfte.
Die Politik macht es sich einfach. Besonders die Anhänger der Ampel haben den Pflegenotstand vergessen – spätestens drei Sekunden, nachdem sie „Einwanderung“ gesagt haben. Bei den erwerbsfähigen 3,9 Millionen Bezieher von Bürgergeld sind mehr als die Hälfte Ausländer. Viele wären für den Beruf geeignet, könnten auf eigene Füße kommen. Aber es geschieht nicht.
Deshalb werden Menschen gezielt nach Deutschland geholt, aus Brasilien, den Philippinen, um hier in der Pflege zu arbeiten. Mit rund 100.000 Mitarbeitern hat jetzt schon etwa jeder zehnte Mensch in der Pflege einen ausländischen Pass. Aber ihnen macht es der Staat schwer.
Es ist der deutsche Bürokratiedschungel, durch den sich diese Arbeitskräfte etwa bei der Erteilung eines Visa kämpfen müssen – oft genug mit schlechten Sprachkenntnissen. Vielfach dauert es länger als ein Jahr bis zur Bewilligung der Arbeitserlaubnis, während der Zugang zum Bürgergeld sofort erfolgt. Menschen, die hierher kommen und tatsächlich arbeiten wollen, macht es Deutschland schwer, während die Zuwanderung in das Sozialamt einfach ist. Das kommt noch aus den 70er-Jahren, wo man die Einheimischen vor Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt schützen wollte. Aber die Zeiten haben sich geändert. Wir sollten es denen, die wir brauchen, leichter machen als denen, die uns brauchen. Oder ist das wieder unmenschlich? Auch für die Pflegebedürftigen?
Text: Roland Tichy