Jahrelang stand das Stadtbad Steglitz leer. Jetzt packt das Land Berlin die Immobilie an. Interessenten können Ideen einreichen.
In großen blauen Lettern weist ein Schild in der Steglitzer Bergstraße auf das alte Schwimmbad hin. Doch wer um die Ecke biegt, erkennt auf den ersten Blick, dass hier schon lange kein Badebetrieb mehr herrscht. Der längliche Innenhof, der zum Eingang des Stadtbades Steglitz führt, ist verwildert, die Backsteinmauern sind mit Graffiti besprüht, die Fensterscheiben zerborsten. Nun will die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) als Eigentümerin das Bad auf Vordermann bringen und für eine öffentliche Nutzung fit machen.
Kürzlich begann ein Interessensbekundungsverfahren, um erste Ideen einzusammeln. Bewerben kann sich prinzipiell jeder, von der Einzelperson über den Verein bis zur Firma – die künftige Nutzung sieht zwingend die Möglichkeit zum Kinder- und Babyschwimmen vor. Ansonsten kann man den Ideen freien Lauf lassen – so lange es sich um die Bereiche Kultur, Gesundheit und Fitness handelt. Das Verfahren dient in erster Linie der BIM, um auszuloten, welche Nutzungskonzepte möglich sind und ob sich überhaupt künftige Betreiber fänden.
Stadtbad Steglitz wurde mit viel Detailliebe gebaut
Im Inneren des Bades setzt sich das verlotterte Bild fort: Der Putz an den tragenden Säulen ist abgeschlagen, aus dem rohen Beton ragen verrostete Drähte, manchmal zeigen sich sogar Teile der nackten Stahlträger. Von seiner opulenten Substanz hat der Bau hingegen, allen voran die Schwimmhalle, nichts eingebüßt: Mit ihrer imposanten Halbkuppel über dem Beckenende wirkt sie fast wie ein sakraler Raum. Die geschwungenen Jugendstil-Türrahmen und das schmiedeeiserne Geländer, welches das Becken eine Etage höher umfängt, zeigen, wie das Schwimmbad 1908 mit viel Detailliebe erbaut wurde.
Mit der Schließung des öffentlichen Bads im Jahre 2002 – sein Betrieb war zu teuer geworden – hat schließlich sein Verfall eingesetzt. Für einen symbolischen Euro ging das Bad 2004 an Gabriele Berger, die es mit der Auflage, es zu sanieren und binnen zehn Jahren wiederzueröffnen, übernahm. In dieser Zeit wurde das Café Freistil eröffnet, Theateraufführungen und Opernevents fanden im wasserlosen Schwimmbecken statt – nur eines gab es nicht: Schwimmbetrieb.
Dornröschenschlaf soll ein Ende haben
Und so fand die Immobilie 2016 wieder zurück in die Hände der Öffentlichkeit, genauer gesagt in den Bestand der BIM, die mehr als 5.000 Gebäude und Grundstücke in der Hauptstadt betreut. Seither wurde die Immobilie vor allem für Filmdrehs und Fotoshootings vermietet. Mit dem Interessensbekundungsverfahren, das bis zum 18. Dezember läuft, soll sie nun aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden. Danach wird ein Gremium aus Vertretern der Senatskulturverwaltung, des Bezirks Steglitz-Zehlendorf und der BIM mehrere Gutachten zum Bad selbst in Auftrag geben.
Bei der BIM ist man frohen Mutes, dass der Markt Ideen für eine teilweise Wiederaufnahme eines Schwimmbetriebes entwickelt. Auch Cerstin Richter-Kotowski (CDU), Bezirksbürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, freut sich über den Gedanken, dass dem Steglitzer Kleinod bald neues Leben eingehaucht werden könnte: „Es wäre sehr schön, wenn dort bald wieder Kinder schwimmen lernen können.“
Auf das Nutzungskonzept kommt es an
Finden sich vielversprechende Anwärter im Interessenbekundungsverfahren, will die BIM Stufe 2 zünden – ein Konzeptverfahren. In dieser entscheidenden Runde müssen alle Interessenten dann ein ausgeklügeltes Nutzungskonzept vorlegen, Finanzierungsplan inklusive. Daran beteiligen dürfen sich auch Vertreter, die noch nicht am Interessenbekundungsverfahren teilgenommen haben. Wer dann den finalen Zuschlag für die Bewirtschaftung des Gebäudes erhält, wird einen Erbbaupachtvertrag mit der BIM abschließen können.
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung. Den Originalartikel lesen Sie hier.
Datum: 30. Oktober 2020, Text: Philipp Hauner, Archivbild: imago images/impress picture