«Die neue Bundesregierung muss in jedem Fall Orientierung stiften», sagt der Soziologe Matthias Quent. (Archivbild)
«Die neue Bundesregierung muss in jedem Fall Orientierung stiften», sagt der Soziologe Matthias Quent. (Archivbild) Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Magdeburg (dpa) – Der Soziologe und Extremismusforscher Matthias Quent warnt vor Prophezeiungen, dass die AfD bei einer Bundestagswahl in vier Jahren stärkste Kraft werden könnte. «Das ist ja im Grunde das AfD-Rezept, sie macht sich selbst größer als sie eigentlich ist», sagte Quent der Deutschen Presse-Agentur. Die Mehrheit – auch der ostdeutschen Bevölkerung – lehne die AfD nach wie vor ab.

Quent sagte, in der Migrationspolitik in Ostdeutschland oder auch in Fragen der Ukraine-Unterstützung hätten die demokratischen Parteien eine ganze Reihe von Zugeständnissen gemacht. «Und wir sehen, dass das nicht dazu führt, dass die AfD kleiner wird – im Gegenteil, sie hat sich in Deutschland immer mehr etabliert und normalisiert.» 

Die AfD habe sich weit über ein rechtsradikales Milieu hinaus etabliert. Die politisch-kulturelle Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland setze sich fort, analysierte Quent.

Die Union hat die Bundestagswahl klar gewonnen. Ihr Ergebnis verdoppeln konnte die AfD, sie liegt bundesweit auf Platz zwei. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die AfD stärkste Kraft. Sie wird in den drei Ländern vom jeweiligen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem bewertet.

Neue Bundesregierung muss Geschlossenheit ausstrahlen

«Die neue Bundesregierung muss in jedem Fall Orientierung stiften, Geschlossenheit ausstrahlen und sie muss den Menschen wieder das Gefühl geben, über die nächsten Krisenmonate hinweg einen Plan zu haben, der sich dann natürlich auch in Wirtschaftsergebnissen niederschlägt», sagte der Soziologe. Das werde eine große Aufgabe für Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz werden, «der ja ein bisschen als hitzköpfig gilt».

Insgesamt sei die Bundestagswahl von einer starken Ablehnung der Bundespolitik und der Ampelregierung geprägt gewesen, sagte Quent. «Die Spitzenkandidaten der drei Ampel-Parteien waren alle drei Teil der Ampel-Regierung. Das ist kein gutes Zeichen gewesen an diejenigen, die mit der Regierung unzufrieden waren», sagte der Professor der Hochschule Magdeburg-Stendal.