Am Montagmorgen warteten die ukrainischen Flüchtlinge auf neuen Entscheidungen des Senates

Die vom Senat angekündigte Umverteilung der ukrainischen Flüchtlinge auf Städte im Bundesgebiet, gestaltet sich schwieriger als erwartet. Eine der ersten Aktionen zur Registrierung von rund 300 Geflüchteten, die bislang im Generator Hostel an der Storkower Straße untergekommen waren, scheiterte am Montagmorgen.

120 der hier untergebrachten Menschen wählten statt der Fahrt zum neuen Ankunftszentrum Tegel das Angebot, in den Räumen der International Gospel Centers e.V., einer freikirchlichen evangelischen Gemeinde mit Sitz in einem ehemaligen Einkaufszentrum an der Allee der Kosmonauten unterzukommen. 

Der Senatsplan

Dabei hatte das Angebot des Senats neben dem angebotenen Ortswechsel viele vorteilhafte Details:

„Für Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine, die keine dauerhaft gesicherte private Unterkunft
haben, gibt es in Deutschland ein staatliches Verteilsystem ins Bundesgebiet. Nach der Verteilung bekommen Sie im zugewiesenen Bundesland eine Unterkunft und haben
die Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach § 24 Aufenthaltsgesetz, Arbeitserlaubnis,
Sozialleistungen und Krankenversicherung zu beantragen“, erklärte Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten beim Termin am Generator Hostel.

Regensburg und Salzburg in Österreich seien derzeit als Umverteilungsziele für die Flüchtlinge im Gespräch. Alle Familienmitglieder in der Gruppe würden zudem gemeinsam verteilt.

Verteilaktionen der Flüchtlinge dieser Art hatte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) in Absprache mit der zuständigen Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke) in den vergangenen Wochen bereits angekündigt.

Keine gute Alternative

Für den Abgeordneten Danny Freymark (CDU), der sich für den Verbleib der Flüchtlinge im Generator Hostel in Berlin einsetzt, klingt dieses Angebot nicht akzeptabel. „Die Menschen sollen gegen ihren ausdrücklichen Willen durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in andere Bundesländer mit unbekanntem Ziel „umverteilt“ werden. Seit Wochen haben wir versucht, einen regulären Aufenthalt und eine adäquate Unterbringung dieser Menschen in Berlin zu organisieren. Leider blieb uns bis heute diese Möglichkeit versagt, obwohl eine hohe soziale Bindung der Geflüchteten mit der Partner-Kirchengemeinde hier in Lichtenberg besteht“, so Freymark.

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Der CDU-Abgeordnete Danny Freymark (li.) gemeinsam mit Moritz Maier, Sprecher des Hilfsvereins „Hand der Hilfe“ e.V. am Generator-Hostel

Eine besondere Tragweite habe nunmehr der „Rausschmiss“ der geflüchteten Menschen aus dem Hostel Generator, um damit Fakten zu schaffen und die Menschen zur Umverteilung in ein anderes Bundesland zu zwingen.

„Wir fordern die Registrierung der geflüchteten Menschen in und für Berlin sowie die Verlängerung der Unterbringung im Hostel Generator, damit die teilweise traumatisierten Kinder und Frauen nicht ein weiteres Mal neu ankommen müssen und das vielfache ehrenamtliche Engagement im Bezirk nicht mit Füßen getreten wird“, so Freymark. 

 

Aus ukrainischen Partner-Gemeinden

Seit dem Kriegsbeginn seien die 120 Ukrainerinnen und Ukrainer als Geflüchtete in Lichtenberg bereits untergebracht. Die Besonderheit sei dabei, dass die Menschen aus Saporischschja, Kiew, Schowti Wody, Dnipropetrowsk, Bolschaja Tschernigowka und Juljewkadie die ersten Tage in der Lichtenberger Partner-Kirchengemeinde einquartiert waren und durch den gemeinnützigen, rein ehrenamtlich betriebenen Hilfsverein Internationales Sozialwerk „Hand der Hilfe“ e.V. der Kirchengemeinde unterstützt und versorgt wurden.

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Wieder auf gepackten Koffern: Flüchtlinge vor dem Generator-Hostel in der Storkower Straße

Später seien ihnen Schlafplätze in dem Hostel angeboten worden – immer mit der Aussicht dauerhaft in Berlin zu bleiben und hier adäquat untergebracht zu werden. In der Gemeinde selbst gäbe es viele Dolmetscher und Freunde, viele Aktionen und Hilfsmaßnahmen hätten bereits stattgefunden, um den Menschen den Start in Deutschland zu vereinfachen und eine schnellstmögliche Integration in unsere Gesellschaft zu gewährleisten.

Wieder nur eine Etappe auf dem Fluchtweg
Das Generator Hostel: Eine erneute Etappe auf dem Fluchtweg

Der Glaube schafft Vertrauen

Und die Flüchtlinge? „Gott wird mir den richtigen Weg zeigen“, sagt Olga aus Juljewkadie, die die vergangenen drei Wochen im Berliner Generator Hostel gelebt hat. Sie wählt den Weg in die Unterkunft der Lichtenberger Freikirchen-Gemeinde. Hier fühlt sich die Seniorin gut aufgehoben und hat Vertrauen in ihre Gastgeber. Auch Lydia (15) und Ewa (17) wählen den Weg über das Kirchenangebot. Für beide steht fest, dass sie möglichst schnell wieder zurück in die Heimat kehren wollen. Die Kirche bietet ihnen ein Stück Vertrautheit und Sicherheit, das sie aus ihrer Heimat kennen und gerne wahrnehmen. 

Ewa (li) und Lidia (re.)
Ewa (li) und Lydia (re.) möchten so schnell wie möglich zurück in ihre Heimat.

 

Kaum Chancen auf Arbeit und Wohnung

Ansichten, denen LAF-Sprecher Sascha Langebach gute Argumente entgegensetzt: „Es gibt in Berlin schon seit Jahren kein echtes Wohnungsangebot mehr. Die Chance auf Arbeit und eine Wohnung ist für diese Leute hier ebenso gering. Unser Angebot durch Registrierung auch eine dauerhafte Arbeitserlaubnis zu erhalten und das mögliche Angebot auf eine Wohnung in einer deutschen Region ist eine gute Chance für die Geflüchteten.“


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Eine Meinung, die nur wenige der Geflüchteten teilen. Nur zwei der 120 Menschen nutzen den bereit gestellten Bus in Richtung Ankunftszentrum Tegel – alle übrigen schlagen den Weg in International Gospel Centers e.V. ein, zu ihrer nächsten Etappe auf ihrer Flucht aus der Ukraine.

Bus nach Tegel
Der Sonderbus Richtung Ankunftszentrum blieb am Montagmorgen leer

Bild und Text: Stefan Bartylla