Eingerüstetes Wohnhaus hinter grüner Hecke, der Putz ist entfernt, blauer Himmel
Hier wird die Wärmedämmung an einem Wohnhaus renoviert. Foto: IMAGO / Sven Simon

Das EU-Parlament hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, der einer Pflicht zur Renovierung wenig energieeffizienter Gebäude bis 2030 gleichkommt. Was könnte Mietern und Hausbesitzern nun bevorstehen?

Handlungsbedarf besteht ohne Zweifel: Laut der Europäischen Kommission sind Gebäude für 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Ohne weitere Maßnahmen dürften die im europäischen Klimagesetz geregelten Reduktionsziele und die Klimaneutralität bis 2050 kaum erreichbar sein. Daher sollen nach dem Willen des EU-Parlaments nun verbindliche Vorgaben für die Sanierung von Gebäuden mit schlechten Energieeffizienz-Werten kommen.

Was ist genau geplant?

Eine Energieeffizienz-Skala von A bis G wird für Gebäude eingeführt – vergleichbar mit der von Waschmaschinen und anderen Haushaltsgeräten. „G“ entspricht den 15 Prozent des Gebäudebestands mit den schlechtesten Werten. Bis 2030 müssen Wohnhäuser Klasse E, drei Jahre später Klasse D erreicht haben. Öffentliche Gebäude und Nichtwohngebäude sind bereits jeweils drei Jahre früher fällig. Neubauten wiederum sollen bis 2028 für keine Treibhausgasemissionen mehr verantwortlich und mit Solaranlagen ausgestattet sein. Letzteres steht unter dem Vorbehalt der technischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit.

Ausnahmen und Förderung

Ausgenommen von der verpflichtenden Sanierung sind unter anderem Denkmäler und andere geschützte Gebäude von besonderem architektonischem oder historischem Wert. Auch Sozialwohnungen, bei denen die zu erwartenden Mieterhöhungen das Einsparpotenzial überschreiten, können von den EU-Mitgliedsländern von der Renovierungspflicht befreit werden. Die von den einzelnen Staaten aufzustellenden Renovierungspläne sollen Förderprogramme enthalten. Besonders geachtet werden soll dabei auf schutzbedürftige Haushalte und Gebäude mit besonders schlechter Energiebilanz. Konkret wird das alles erst geregelt, wenn die EU-Länder den Entwurf in nationale Gesetze umwandeln.

Was sagen die Betroffenen?

Der Chef des Eigentümerverbands Haus und Grund Kai Warnecke schätzt, dass von einer Sanierungspflicht in den nächsten zehn Jahren ein Drittel aller Wohngebäude in Deutschland betroffen wäre – vor allem Ein- und Zwei-Familien-Häuser. Die Kosten würden die finanziellen Möglichkeiten vieler Eigentümer übersteigen. Die Vorgaben für Neubauten könnten „dem Neubau den nächsten Rückschlag geben und viele Träume von den eigenen vier Wänden platzen lassen“, so Warnecke.

Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins Sebastian Bartels rechnet damit, dass in der Hauptstadt 500.000 Wohnungen in Folge des Gesetzes saniert werden müssen. Er begrüßt jedoch die verpflichtende Regelung, weil damit den Mietern geholfen werde, Geld zu sparen und dort renoviert werde, wo es am dringendsten sei. Die Zeit für kleinteilige Maßnahmen gebe es nicht mehr, so Bartels. Neben der sozialverträglichen Ausgestaltung der Pläne regt er auch eine Gesetzesänderung an, um zu verhindern, dass die Vermieter wie bisher bis zu 8 Prozent der Sanierungskosten auf die Miete umlegen können.

Was wird am Ende umgesetzt?

Tatsächlich lässt sich noch kaum seriös sagen, wie viel von dem Gesetzentwurf letztlich europäisches und deutsches Recht wird. Schließlich sind jetzt die Mitgliedsstaaten an der Reihe und dürften noch jede Menge Veränderungswünsche haben. Außerdem verfügen die einzelnen Regierungen ohnehin über eine gewisse Gestaltungsfreiheit bei der Umsetzung in nationales Recht. Bis sich Mitgliedsstaaten und EU-Parlament auf einen gemeinsamen Rahmen geeinigt haben, dürften noch Monate vergehen.

Text: nt