Berlin (dpa/bb) – Am palästinensischen Gedenktag Nakba haben mehr als tausend Menschen in Berlin zum Teil aggressiv gegen Israel und den Krieg in Gaza demonstriert. Ein Polizist wurde bei den Kundgebungen schwer verletzt. Viele der überwiegend jungen Demonstranten trugen am Nachmittag am Südstern in Kreuzberg sogenannte Palästinenser-Tücher, Palästina-Fahnen und weitere entsprechende Symbole.
Aggressive Sprechchöre und Wasserwerfer der Polizei
Während der Kundgebung kam es zu Tumulten und heftigen Rangeleien zwischen Demonstranten und Polizei. Teilnehmer bewarfen Polizisten am Abend am Südstern mit Getränkedosen und anderen Gegenständen und bespritzen sie mit roter Farbe. Die Polizei sprach auch von Flaschenwürfen und einem Steinwurf. Es gab den Angaben zufolge zunächst etwa 20 Festnahmen.
Ein Beamter wurde demnach schwer verletzt. Er sei von aggressiven Demonstranten in die Menge hineingerissen und niedergetrampelt worden, sagte Polizeisprecher Florian Nath der Deutschen Presse-Agentur. Der Polizist sei von einem Notarzt behandelt und mit Sauerstoff und Schmerzmitteln versorgt und ins Krankenhaus gebracht worden.
Gegen 18.00 Uhr fuhr die Polizei einen Wasserwerfer an die Kundgebung heran. Das habe «taktische Gründe», sagte ein Polizeisprecher. Näher erläutern wollte er das nicht. Die Polizei sprach von insgesamt 1.100 Demonstranten. Zahlreiche Polizisten waren rund um den Südstern in Kreuzberg bereitgestellt.
In lautstarken und aggressiven Sprechchören riefen Redner und Demonstranten «Kindermörder Israel, Frauenmörder Israel, Babymörder Israel», «Yallah, yallah Intifada» und «From the River to the sea». Intifada waren frühere palästinensische Aufstände und Serien von Terroranschlägen gegen Israel.
Gefordert wurde «Freiheit für Palästina», auch Beschimpfungen von Deutschland wegen Waffenlieferungen an Israel kamen vor.
Wegner: «Feiger, brutaler Gewaltakt»
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner verurteilte die Angriffe gegen die Einsatzkräfte. «Der Angriff auf einen Berliner Polizisten bei der Demonstration in Kreuzberg ist nichts anderes als ein feiger, brutaler Gewaltakt. Wer Einsatzkräfte angreift, greift unseren Rechtsstaat an – und damit uns alle», sagte der CDU-Politiker.
Berlin sei eine weltoffene Stadt, aber: «Wer das Demonstrationsrecht missbraucht, um Hass zu säen, antisemitische Hetze zu verbreiten oder Gewalt zu verüben, dem werden wir konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaates begegnen.»
Gedenken an Flucht und Vertreibung
Der palästinensische Gedenktag Nakba am 15. Mai erinnert an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels. In den vergangenen Jahren gab es bei diesen Veranstaltungen mehrfach Tumulte und Rangeleien mit der Polizei.
Um die geplante Strecke der Demonstration hatte es gerichtliche Auseinandersetzungen gegeben. Die Demonstration sollte ursprünglich nach Neukölln führen. Die Polizei hatte das wegen eines befürchteten Konfliktpotenzials beim langen Zug durch Neukölln untersagt.
Polizei siegt vor Gericht
In der ersten Instanz vor Gericht setzten sich die Veranstalter durch, in der zweiten vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) bekam die Polizei Recht, so dass es keinen Demonstrationszug, sondern nur eine Kundgebung am Südstern gab.
Die Beschränkung der Demonstration auf den Ort der Kundgebung war aus Sicht des OVG verhältnismäßig. Der Beschluss ist nicht anfechtbar, wie es hieß. Der zuständige 6. Senat widersprach damit im Eilverfahren der Auffassung des Verwaltungsgerichts. Dieses hatte die Beschränkungen der Polizei als unverhältnismäßig angesehen.