Relikt aus der NS-Zeit soll im Stadtgeschichtlichen Museum präsentiert werden.

Die Sammlung des Stadtgeschichtlichen Museums Spandau auf der Zitadelle hat einen zeitgeschichtlich wichtigen Neuzugang: Die alte Glocke der evangelischen Kirchengemeinde Wichern-Radeland. Im Jahr 1934 gegossen, läutete sie 83 Jahre im Turm der  Wichernkirche in Hakenfelde. Am oberen Rand ziert sie das Bibelzitat „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“. Wie in der Gemeinde seit Jahren schon bekannt war, ist zusätzlich aber auch ein etwa 20 Zentimeter großes Hakenkreuz eingraviert.

Diese Gravur, ein Relikt aus der NS-Zeit, war schließlich Grund für einen Beschluss des Gemeinderats, zum Jahresende 2017 auf das Tageszeitgeläut und das Läuten zu den Gottesdiensten mit der Glocke zu verzichten, lässt die Museumsleitung wissen. Daraufhin wurde der 180 Kilogramm schwere und 50 Zentimeter hohe Bronzeguss abgebaut und vergangene Woche mit einem Lastwagen in Richtung Haselhorst abtransportiert. Die Gemeinde gab eine Ersatzglocke in Auftrag.

Verschleppte Aufarbeitung

Eine interne Arbeitsgruppe der 5.400 Mitglieder starken Wicherngemeinde untersucht seitdem die Geschichte der „Hakenkreuz-Glocke“ und die Gründe für die lange verschleppte Aufarbeitung. Laut Sigrid Jahr, seit zwei Jahren Pfarrerin der  Wichernkirche, gab es bereits im Jahr 1962 in der Gemeinde eine Diskussion über die Existenz des Hakenkreuzes an der Glocke, die aber ohne Reaktion geblieben sei.

Warum sie erst jetzt abgebaut wird, darüber kann sie nur spekulieren. Denn das Zeigen des Symbols, unter anderem an und in Bauwerken, ist seit dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland verboten. „Die Existenz des Hakenkreuzes an der Glocke war seit Jahren bekannt“, so Jahr gegenüber der „Berliner Zeitung“. „So gab es 1962 bereits eine Diskussion darüber, die aber ohne Reaktion blieb.“

Neue Ausstellung

„Als zeitgeschichtliches Dokument sollte die Glocke auch museal kontextualisiert werden“, heißt es weiter von der Leitung des Stadtgeschichtliches Museum. Ende Januar unterzeichneten daher die Mitglieder der Wichern-Arbeitsgruppe mit Urte Evert, der Leiterin des Stadtgeschichtlichen Museums, einen Dauerleihgabevertrag. Dieser sieht vor, die „Hakenkreuzglocke“ perspektivisch in die Ausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums zu integrieren.

Ab Spätsommer soll das Exponat jedoch zunächst in der Bastion Kronprinz auf der Zitadelle Spandau zu sehen sein. Hier erarbeiten Studierende des Masterstudienganges „Holocaust Communication and Tolerance“ des Berliner Touro College derzeit eine Ausstellung über die Geschichte der Spandauer Kirchen zur Zeit des Nationalsozialismus. Bis dahin befindet sich die neue Dauerleihgabe im Depot auf der Zitadelle.

Datum: 28. Februar 2019. Text: Redaktion. Bild: Stadtgeschichtliches Museum Spandau.