Kiez-Drama „Familiye“ erzählt von der Ausweglosigkeit, mit der viele Neustädter aufwachsen.

Arbeitslosigkeit, Elend und Gewalt: Die Gegend rund um die Lynarstraße zählt zu den schwierigsten Kiezen im Bezirk. Der Film „Familiye“ bringt diese dunkle Seite des Spandauer Alltags jetzt auf die große Kinoleinwand.

Das Gangster-Drama erzählt die Geschichte dreier ungleicher Brüder, die in einem von Migrantenfamilien geprägten Milieu zwischen Liebe, Kriminalität, Fürsorge, Drogen und Hoffnung stets um Anerkennung und Zusammenhalt kämpfen, lässt der Verleih wissen. „Der raue Wind im Lynar-Kiez lässt sie dabei immer wieder an ihre Grenzen stoßen.“ Nach fünfjähriger Haftstrafe ist Danyal, der Älteste von drei Brüdern aus der Tanis-Familie, wieder auf freiem Fuß. Seit dem Tod seiner Eltern hat er die Verantwortung für seine zwei jüngeren Brüder übernommen. Doch mit dem spielsüchtigen Miko und dem verspielten Bruder Muhammed mit Down-Syndrom ist das alles andere als einfach. Als plötzlich Mikos Schulden fällig werden und Muhammed in ein Heim gesteckt werden soll, droht das fragile Gleichgewicht ihrer Existenz vollends aus der Balance zu geraten.

Kurve gekriegt

Die Regisseure Sedat Kirtan (37) und Kubilay Sarikaya (43) kennen das Quartier aus eigener Anschauung. Etwa das Kasino, wo viele ihrer Freunde zockenderweise in den Ruin abdrifteten. Doch Kirtan und Sarikaya kriegten die Kurve. Die Filmemacher, die nie eine entsprechende Hochschule besucht haben, erklären, wie und warum sie ihr Herzensprojekt, das vieles aus ihrem persönlichen Leben in Bilder übersetzt, auf den Weg gebracht haben: „Wir wollten von Anfang an Menschen in unserem Kiez in der Spandauer Neustadt, Bilder und Emotionen aus ihrer harten Welt für andere zugänglich machen. Durch die Gründung unserer Filmproduktion Lynarwood konnten wir diese Vision verwirklichen. Nach unserem Pilotfilm ,Verzzokkt’, der die Vorlage für ,Familiye’ war, entschieden wir uns, einen Kinofilm zu machen und fingen an zu schreiben.“

Mitte 2013 bis Ende 2014 entwickelten und schrieben sie das Drehbuch. „Anlass unserer Geschichte ist unser realer urbaner Schauplatz gewesen, der sinnbildlich ein Labyrinth darstellt, in dem die Protagonisten gefangen sind, so auch wie die real lebenden Menschen in unserem Vorort, dem wir so viel zu verdanken haben.“ Gezeigt werde eine Welt in der Korruption, Angst und Beschaffungskriminalität stark zum Ausdruck kommen. Eine Welt, in der es sehr selten Happy Ends gibt. Weil das Budget knapp war, kamen bei den Dreharbeiten weitgehend Laiendarsteller zum Einsatz.

Keine Urteile

Als Coproduzenten konnten Kirtan und Sarikaya den Schauspieler Moritz Bleibtreu gewinnen. „Dieser Film ist entstanden, weil er entstehen musste, er ist nicht mit dem Blick von außen auf ein Milieu gemacht. Er verurteilt niemanden“, sagte er in einem Interview mit dem „Stern“. „Der Film ist nicht perfekt. Aber er ist echt. Er erzählt von der Ausweglosigkeit, in die man in Deutschland hineingeboren werden kann. Es ist ein Film, der davon erzählt, wie man von seiner Familie abhängt, auch wenn es eine kaputte Familie ist.“ Im September 2017 wurde ,Familiye’ auf dem Filmfest in Oldenburg gezeigt. Dort gab es Standing Ovations und am Ende den Hauptpreis. Wie originell aus dem „Lynar-Ghetto“ tatsächlich ist und wie der Film mit Klischees spielt, können Kinogänger in Kürze selbst begutachten. „Familiye“ startet am 3. Mai in den Kinos. Die Premiere ist am 26. April um 19 Uhr im Cinemaxx Kino am Potsdamer Platz.

Text: red/nm, Bild: Koryphäen Filmverleih